(OLG Hamm, Urt. v. 15.11.2016 – 26 U 37/14) • Wenn aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers ein weiterer Eingriff erforderlich wird, der dem Patienten bei korrektem medizinischem Vorgehen erspart geblieben wäre, hat der erstbehandelnde Arzt haftungsrechtlich für den weiteren Eingriff einzustehen. Dabei umfasst seine Einstandspflicht regelmäßig auch die Folgen eines Fehlers des nachbehandelnden Arztes. Der Zurechnungszusammenhang kann dann unterbrochen sein, wenn der zweitbehandelnde Arzt die ärztliche Sorgfaltspflicht in außergewöhnlich hohem Maße verletzt (besonders grober Behandlungsfehler). Die Annahme allein eines groben Behandlungsfehlers unterbricht den Zusammenhang dagegen nicht. Hinweis: Das OLG nimmt hier zu der praxisrelevanten Frage der Arzthaftung bei mehrfach fehlerhaften OPs Stellung: Es kann an dem erforderlichen inneren Zusammenhang fehlen, wenn das Schadensrisiko der Erstbehandlung im Zeitpunkt der Weiterbehandlung schon gänzlich abgeklungen war, sich der Behandlungsfehler des Erstbehandelnden auf den weiteren Krankheitsverlauf also nicht mehr ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urt. v. 28.1.1986 – VI ZR 83/85; Urt. v. 20.9.1988 – VI ZR 37/88). Dies gilt auch, wenn es um die Behandlung einer Krankheit geht, die mit dem Anlass für die Erstbehandlung in keiner Beziehung steht oder wenn der die Zweitschädigung herbeiführende Arzt in außergewöhnlich hohem Maße die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außer Acht gelassen und derart gegen alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen verstoßen hat, dass der eingetretene Schaden seinem Handeln haftungsrechtlich wertend allein zugeordnet werden muss (BGH, Urt. v. 20.9.1988 – VI ZR 37/88; Urt. v. 6.5.2003 – VI ZR 259/02; Urt. v. 22.5.2012 – VI ZR 157/11).

ZAP EN-Nr. 276/2017

ZAP F. 1, S. 455–455

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