(OLG Hamm, Beschl. v. 9.3.2015 – 8 UF 156/14) • Die Entziehung der elterlichen Sorge setzt voraus, dass das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet wird und der Sorgeberechtigte nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, die Gefahr abzuwenden, d.h. die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dabei sind Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Die Unterbringung der Kinder bei Verwandten kommt auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht in Betracht, wenn dem Kindeswohl durch Auswahl einer dritten Person besser gedient wäre. Hinweis: Nach Auffassung des BVerfG, auf das das OLG Hamm in dieser Entscheidung Bezug nimmt, setzt die Annahme einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes voraus, dass bereits ein Schaden des Kindes eingetreten sei oder sich eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lasse. Die Trennung des Kindes von seinen Eltern sei allein zu dem Zweck zulässig, das Kind vor nachhaltigen Gefährdungen zu schützen, und dürfe nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (BVerfG, Beschl. v. 22.5.2014 – 1 BvR 2882/13). Zudem könne ggf. die Unterbringung bei Verwandten als weniger belastende Maßnahme in Betracht kommen. Voraussetzung sei jedoch, dass die Verwandtenunterbringung zur Abwendung der Kindeswohlgefahr ebenso geeignet ist. Dann genüge die Heimunterbringung nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (BVerfG, Beschl. v. 7.4.2014 – 1 BvR 3121/13). Großeltern und sonstigen nahen Verwandten kommt nach Ansicht des BVerfG bei der Auswahl des Vormunds oder Ergänzungspflegers der Vorrang gegenüber nicht verwandten Personen zu, sofern nicht im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes, das für die Auswahl bestimmend ist, durch die Auswahl einer dritten Person besser gedient ist (BVerfG, Beschl. v. 24.6.2014 – 1 BvR 2926/13). Vgl. zur Thematik Viefhues, Sorgerecht, ZAP F. 11, S. 1313 ff. (in diesem Heft).

ZAP EN-Nr. 344/2015

ZAP 8/2015, S. 408 – 408

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