Umfangreiche Änderungen vor allem der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) sieht der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BT-Drucks 18/9521) vor. Ausgangspunkt des Gesetzgebungsvorhabens war die Erforderlichkeit, die durch die Richtlinie 2013/55/EU (ABl L 354 v. 28.12.2013, S. 132; L 268 v. 15.10.2015, S. 35; L 95 v. 9.4.2016, S. 20) erfolgten Änderungen der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG (ABl L 255 v. 30.9.2005, S. 22; L 271 v. 16.10.2007, S. 18; L 93 v. 4.4.2008, S. 28; L 33 v. 3.2.2009, S. 49; L 305 v. 24.10.2014, S. 115) im deutschen Recht umzusetzen. Neu gestaltet wurden die Regelungen über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die in anderen Mitgliedstaaten der EU erworben wurden. Außerdem sieht die Richtlinie für den Bereich der reglementierten Berufe erleichterte Voraussetzungen für die vorübergehende und gelegentliche grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen innerhalb der EU vor.

Daneben widmet sich der Gesetzentwurf zahlreichen Einzelfragen aus dem Berufsrecht der rechtsberatenden Berufe (siehe bereits den Überblick bei Huff ZAP 20/2016, 1043 f.). So soll der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) auch die Kompetenz eingeräumt werden, die Pflichten bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt näher zu regeln. Dieser Vorschlag geht auf eine Entscheidung des BGH zurück (Urt. v. 26.10.2015 – AnwSt (R) 4/15, NJW 2015, 3672), nach der die bisherige Fassung des § 14 BORA, anders als von den Rechtsanwaltskammern vertreten, mangels entsprechender Satzungskompetenz nicht für Zustellungen von Anwalt zu Anwalt nach § 195 ZPO gilt. Als Folge dieser Rechtsprechung stand zu befürchten, dass Zustellungen von Anwalt zu Anwalt künftig erheblich erschwert werden. Anwälte konnten diesen Zustellweg nicht mehr als sicher ansehen und mussten andere Wege überlegen. Auch hatten die Anwälte auf der Empfängerseite nunmehr zu prüfen, ob sie ihre Mitwirkung an einer für ihre Mandantschaft nachteiligen Zustellung zu verweigern haben. Die 6. Satzungsversammlung der BRAK hat in ihrer 3. Sitzung am 21.11.2016 bereits im Vorgriff auf die geplante Kompetenzerweiterung eine Änderung des § 14 BORA verabschiedet, die den Anwalt verpflichtet, bei Zustellungen von Anwalt zu Anwalt mitzuwirken. Dieser sog. Vorratsbeschluss soll dafür sorgen, dass die Neuregelung möglichst bald nach der Verabschiedung des Gesetzes in Kraft treten kann.

Außerdem soll das Wahlrecht für die Wahlen zu den Vorständen der Anwaltskammern nicht mehr persönlich in der Kammerversammlung ausgeübt werden müssen. Künftig soll bundeseinheitlich in allen Rechtsanwaltskammern eine Briefwahl erfolgen, wobei auch eine elektronische Wahl erlaubt werden kann. Dabei kann die Briefwahl auch in der Form organisiert werden, dass die den Kammermitgliedern übersandten Stimmzettel auch in der Kammerversammlung abgegeben werden können. Die Kammerversammlung kann somit weiterhin die Wahl der Vorstandsmitglieder zum Gegenstand haben und Gelegenheit für eine Vorstellung der Kandidaten bieten. Mit der geplanten Änderung des § 64 BRAO reagiert der Gesetzgeber auf die niedrige Wahlbeteiligung bei den Vorstandswahlen und will so die demokratische Legitimation der gewählten Vertreter steigern. Der Entwurf nimmt sich auch des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) an. Der Regierungsentwurf stellt nun klar, dass die BRAK die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer empfangsbereit einzurichten hat. Zudem wird jeder Anwalt ab dem 1.1.2018 berufsrechtlich zur passiven Nutzung seines beA verpflichtet (§ 31 BRAO-E).

Bei (angehenden) Syndikusrechtsanwälten soll durch eine Änderung des § 46a Abs. 4 BRAO sichergestellt werden, dass ihnen aus einer etwaigen Verzögerung des berufsrechtlichen Zulassungsverfahrens keine Nachteile im Hinblick auf die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht entstehen. Künftig soll ein Syndikusrechtsanwalt mit der Zulassung rückwirkend zu dem Zeitpunkt Mitglied der Rechtsanwaltskammer werden, zu dem der Antrag auf Zulassung dort eingegangen ist – frühestens aber zum Zeitpunkt der Aufnahme der entsprechenden Tätigkeit. Damit soll zugleich gewährleistet werden, dass – entgegen der bisherigen Praxis der Deutschen Rentenversicherung Bund – auch die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht rückwirkend erfolgt und der Antragsteller nicht für einen Übergangszeitraum rentenversicherungspflichtig bleibt. Mithilfe einer Übergangsregelung soll zudem erreicht werden, dass auch alle bereits zugelassenen Syndikusrechtsanwälte von dieser Rückwirkung profitieren.

Schließlich soll der (internationale) Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) erstmals gesetzlich definiert werden. Dieses Vorhaben wurde anfangs von der BRAK hart kritisiert, weil man eine zu weitgehende Liberalisierung befürchtete. Inzwischen soll man sich aber auf eine überarbeitete Fassung des § 1 Abs. 2 RDG-E verständigt haben. So soll...

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