I. Vorbemerkung

Die Kunst des Rechtsanwalts bei der Gestaltung eines Aufhebungsvertrags besteht darin, die Interessen trennungswilliger Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit den unterschiedlichen juristischen Parametern des Arbeits-, Arbeitsförderungs-, Sozialversicherungs- und Steuerrechts in Einklang zu bringen. Außerdem muss er die von der Rechtsprechung beständig entwickelten und nach wie vor im Fluss befindlichen Formulierungsnuancen der Vereinbarung stets im Blick haben, die zum Teil höchst unterschiedliche ökonomische Auswirkungen für alle Beteiligten besitzen können.

 

Hinweis:

Ein Muster eines Aufhebungsvertrags enthält Fach 26 – ZAP Anwaltsformulare, vgl. Maaß ZAP F. 26, S. 173.

II. Begriff

Durch einen Aufhebungsvertrag kann das Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Beachtung von Kündigungsschutzbestimmungen – sowohl des allgemeinen als auch des besonderen Kündigungsschutzes – und Kündigungsfristen beendet werden. Das Arbeitsverhältnis wird einvernehmlich von den Parteien beendet, ohne dass zuvor von dem Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen wurde. Durch den Aufhebungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis zu dem vereinbarten Auflösungszeitpunkt beendet. Rechtlicher Beendigungstatbestand ist folglich die Vereinbarung von Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Nach § 623 BGB (der von einem „Auflösungsvertrag“ spricht) ist Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Aufhebungsvertrag die Einhaltung der Schriftform des § 126 BGB unter Ausschluss der elektronischen Form. Mündliche Absprachen, Faxe oder E-Mails reichen nicht aus.

Zwar können die Parteien den Beendigungszeitpunkt frei vereinbaren. Mit Rückwirkung ist ein Aufhebungsvertrag jedoch nur zulässig, wenn sich die Rückwirkung lediglich auf einen Zeitraum bezieht, in dem das Arbeitsverhältnis noch nicht in oder bereits wieder außer Vollzug gesetzt war (BAG, Urt. v. 17.12.2009 – 6 AZR 242/09, NZA 2010, 273).

 

Hinweis:

Der Aufhebungsvertrag ist vom Abwicklungsvertrag abzugrenzen. Im Gegensatz zu einem Aufhebungsvertrag regeln Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit dem Abwicklungsvertrag nicht einvernehmlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sein Zweck ist es vielmehr, die zumeist durch eine Kündigung des Arbeitgebers bereits herbeigeführte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Ausgestaltung der Beendigungsmodalitäten einvernehmlich zu vereinbaren.

III. Wesentliche Vertragsklauseln

1. Abfindung

Eine Abfindung entschädigt den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes und des sozialen Besitzstandes sowie für dadurch entgangene oder zukünftig entgehende Einnahmen (vgl. § 24 Nr. 1 EStG). In neueren Entscheidungen des BAG (Urt. v. 13.7.2005 – 5 AZR 578/04, NZA 2005, 1349) hat die – jedenfalls in Sozialplänen vorgesehene – Abfindung auch eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion (BAG, Urt. v. 11.11.2008 – 1 AZR 475/07, NZA 2009, 210 ff.).

Bei der Höhe der durch eine freie Aufhebungsvereinbarung geregelten Abfindung hat sich die Faustformel „ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“ eingebürgert (vgl. auch § 1a Abs. 2 KSchG). Sie unterliegt keinen arbeitsrechtlichen Beschränkungen. Gleichwohl gelten in vielen Fällen, insbesondere bei leitenden Angestellten, andere Regeln. Bei leitenden Angestellten, vor allem in größeren Unternehmen, hat sich als Abfindungsregel „ein Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“ etabliert. Letztlich wird die konkrete Höhe der Abfindung durch verschiedene Parameter im Rahmen der Verhandlungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmt. Hierbei handelt es sich insbesondere um folgende Gesichtspunkte:

  • die Risiken eines etwaigen Kündigungsschutzprozesses,
  • ein zu beachtender Sonderkündigungsschutz des Arbeitnehmers,
  • die vertraglich vereinbarte Laufzeit des Arbeitsverhältnisses bzw. vertraglich vereinbarte (längere) Kündigungsfristen,
  • die Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen,
  • der Verlust betrieblicher Sozialleistungen,
  • die persönliche Lebenssituation des Arbeitnehmers (Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten, Rentennähe, Chancen auf dem Arbeitsmarkt, etc.),
  • die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers.
 

Hinweis:

Anders als vielfach vermutet, existiert im deutschen Arbeitsrecht, mit Ausnahme von Abfindungsansprüchen nach § 1a KSchG oder nach einem Sozialplan, keine Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Abfindung.

Zu berücksichtigen ist weiter, dass neben der Höhe auch die Fälligkeit, die Vererbbarkeit sowie die steuerliche Behandlung der Abfindung wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zentrale Punkte eines jeden Aufhebungsvertrags bilden.

Die Fälligkeit der Abfindung ist gesetzlich nicht geregelt, gleichwohl aber von durchaus praktischer Bedeutung, beispielsweise im Hinblick auf das Entstehen von Schadensersatzansprüchen bei Zahlungsverzug oder hinsichtlich der Steuerpflicht des Arbeitnehmers. Soweit in dem Aufhebungsvertrag selbst keine Fälligkeitsvereinbarung getroffen wird, wird die Abfindung regelmäßig mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, d.h. nicht schon mit Abschluss des Aufhebungsvertrags oder der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Da di...

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