Im Vollstreckungsverfahren ist in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 S. 1 StPO dem Verurteilten ein Verteidiger zu bestellen, wenn die Sach- und Rechtslage schwierig oder sonst ersichtlich ist, dass sich der Betroffene nicht selbst verteidigen kann (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschl. v. 15.9.2016 – 4 Ws 299/16; OLG Hamm, Beschl. v. 3.11.2016 – 4 Ws 346 u. 347/16 – für Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus; OLG Köln StV 2016, 512 (Ls.) = StRR 4/2016, 10 – für Lernschwäche; OLG Stuttgart StraFo 2016, 216; vgl. dazu auch Burhoff, EV, Rn 2812 ff.). Allerdings sind im Strafvollstreckungsverfahren die drei abschließend genannten Merkmale des § 140 Abs. 2 StPO einschränkend zu beurteilen (OLG Stuttgart a.a.O.; zur Bedeutung der Länge der – noch zu vollstreckenden – Freiheitsstrafe s. LG Paderborn, Beschl. v. 28.10.2016 – 1 Qs 125/16; oben II. 2. a). Eine Beiordnung kommt daher regelmäßig nur in Ausnahmekonstellationen von besonderem Gewicht oder besonderer Komplexität, etwa bei Fragen der Überprüfung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, bei komplexen Strafzeitberechnungen, bei Vollstreckungshilfeverfahren oder rechtlich oder tatsächlich schwierigen oder folgenreichen Konstellationen in Betracht (OLG Stuttgart a.a.O.). Jedenfalls dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der nach § 63 StGB Untergebrachte nicht in der Lage ist, seine Interessen im Vollstreckungsverfahren sachgerecht wahrzunehmen, ist ihm aber ein Pflichtverteidiger analog § 140 Abs. 2 StPO zu bestellen (OLG Hamm, Beschl. v. 15.9.2016 – 4 Ws 299/16). Im Vollstreckungsverfahren, in dem die Bestellung eines Pflichtverteidigers immer nur für den jeweiligen Verfahrensabschnitt gilt, hat die Verteidigerbestellung grundsätzlich zu Beginn eines jeden Vollstreckungsabschnittes erneut zu erfolgen (OLG Koblenz StV 2016, 512, s. auch StV 2015, 19). Im Vollstreckungsverfahren ist dem Verurteilten ein Verteidiger ggf. dann zu bestellen, wenn eine Auseinandersetzung mit einem Sachverständigengutachten erforderlich ist und das Gutachten etwa psychiatrisch-neurologische, psychoanalytische oder auch kriminologische Fragestellungen aufwirft, mit deren fachlicher Beurteilung ein Verurteilter überfordert ist (OLG Köln, Beschl. v. 29.12.2015 – 2 Ws 834/15).

 

Hinweis:

Der Verteidiger muss darauf achten, dass in § 463 StPO gesetzliche Beiordnungsgründe vorgesehen sind. So hat das Gericht nach § 463 Abs. 4 S. 8 StPO einen Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn es sich um ein Verfahren im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67e StGB handelt und der Verurteilte bereits drei Jahre untergebracht ist.

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