Die – vermeintlichen oder tatsächlichen – Risiken, die mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs verbunden sind, wurden in der rechtspolitischen Diskussion lebhaft und teilweise sehr kontrovers diskutiert. Aus Sicht der Anwaltschaft wurde vor allem die Befürchtung hervorgehoben, zusätzliche Haftungsrisiken aufgebürdet zu bekommen.

Dabei sind aus praktischer Sicht zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:

  • Denkbar ist einmal, dass aus der Anwaltskanzlei ein elektronisches Dokument auf einem der zugelassenen Wege an das Gericht übermittelt wird, dass jedoch vom Gericht nicht verarbeitet werden kann (s. ausführlich unter 1.).
  • Auch ist nicht ausgeschlossen, dass vorübergehend technische Einrichtungen nicht verfügbar sind (s. ausführlich unter 2.).

Für beide Fälle hat der Gesetzgeber aber Problemlösungen geschaffen, um praktisch in diesem Zusammenhang die Risiken für die Anwaltschaft zu begrenzen.

1. Nicht zur Bearbeitung geeignetes Dokument

Ist das elektronische Dokument nicht zur Bearbeitung geeignet, weil es z.B. mit einem Textverarbeitungsprogramm erstellt worden ist, über das das Gericht nicht verfügt und dessen Dokumentformat nicht gelesen werden kann, so teilt das Gericht dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs und auf die geltenden technischen Rahmenbedingungen unverzüglich mit. Es wird also ausdrücklich angeordnet, dass die Fehlermeldung über ein falsches Dateiformat unverzüglich dem Übersender des Dokumentes zugehen muss, damit dieser das Dokument ohne Zeitverzögerung auf ein zugelassenes Dateiformat umstellen kann.

Das Dokument gilt zudem gem. § 130a Abs. 6 ZPO n.F. zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich elektronisch in einer für das Gericht geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.

 

Praxishinweis:

Zu beachten ist für die anwaltliche Praxis aber besonders, dass diese gesetzliche Regelung sich nur auf elektronische Dokumente bezieht, die die unmittelbar im Gesetz vorgesehenen Formvoraussetzungen erfüllen, also entweder mit qualifizierter Signatur versehen sind oder auf einem der definierten sicheren Übermittlungsweg eingereicht wurden.

Dagegen kann sich auf dieser Regelung ein Absender nicht berufen, der ein elektronisches Dokumente ohne qualifizierte elektronische Signatur per einfacher E-Mail oder per De-Mail ohne eine sichere Anmeldung des Absenders an das Gericht schickt. Denn nach der Gesetzesbegründung ist die Privilegierung des § 130a Abs. 6 S. 2 ZPO n.F. eng auszulegen. Erfasst wird nur der Irrtum über die in der Verordnung gemäß Abs. 2 niedergelegten technischen Rahmenbedingungen, jedoch nicht ein Verstoß gegen die Mindestanforderungen in § 130a Abs. 3 ZPO n.F. In diesem Fall ist auch keine Heilung möglich!

Wählt der Einreicher einen formell falschen Weg des Zugangs zu den Gerichten, so ist zu erwarten, dass das Gericht – wie bei einer fehlenden Unterschrift unter einem Schriftsatz in Papierform – den Absender in aller Regel unverzüglich auf dieses Versäumnis hinweisen wird, so dass dieser den Mangel im eigenen Interesse einer Fristwahrung noch beheben kann. Ist die Frist allerdings dann bereits versäumt, tritt durch die Nachreichung auf formell richtigem Wege keine Rückwirkung ein!

 

Hinweis:

Auch besteht insoweit keine Pflicht des Gerichtes zu entsprechenden Hinweisen, wie das Gesetz sie für andere Fälle in § 130a Abs. 6 S. 2 ZPO n.F. besonders anordnet. Das Risiko, eine verfahrensrechtlich relevante Frist nicht mehr wahren zu können, trägt also immer der Einreicher, der einen formell falschen Weg wählt.

2. Probleme mit der Technik der Übermittlung

Im Gesetzgebungsverfahren wurde insbesondere die Befürchtung der Anwaltschaft artikuliert, das Risiko auch für technische Probleme bei der elektronischen Kommunikation tragen zu müssen. Ob die – teilweise extremen – Befürchtungen zahlreicher Funktionsstörungen, technischer Fehler und Computerprobleme in der Realität überhaupt eintreten werden, sei dahingestellt. Der Gesetzgeber hat jedenfalls zur Stärkung des Nutzervertrauens diesen Befürchtungen weitgehend Rechnung getragen.

Für den Fall, dass der Zugangsweg über den – zwingend vorgeschriebenen – elektronischen Weg zu den Gerichten aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, müssen alternative Zugangswege bereitgestellt werden. Denn die Pflicht zur zwingenden Benutzung kann selbstverständlich nicht gelten, wenn die Justiz aus technischen Gründen nicht auf elektronischem Wege erreichbar ist.

§ 130d S. 2, 3 ZPO regelt daher:

Zitat

"Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen."

§ 130d S. 2 ZPO erlaubt also bei Störungen des elektronischen Zugangs aus technischen Gründen eine Einreichung auf herkömmlichem Weg. Die Norm sieht im Einzelnen vor, dass weiterhin auf die nach den allgem...

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