Regelform der Akteneinsicht bei elektronischer Aktenführung ist das Bereithalten der Akte zum Abruf. Daher ist für eine abweichende Form der Akteneinsicht jeweils ein ausdrücklich auf diese besondere Art der Einsicht gerichteter Antrag erforderlich.

aa) Technische Gestaltung der bereitgestellten Akte

Die Akte wird dazu (als Kopie des Originals), den berechtigen Personen mittels einer besonders gesicherten Verbindung über ein öffentliches Telekommunikationsnetz (insbesondere das Internet) zum Abruf bereitgestellt auf einem besonderen, von außerhalb des Landesverwaltungsnetz zugängigen Server. Auch besteht nach der Gesetzesbegründung die Möglichkeit eines Herunterladens des Datenpakets.

 

Hinweis:

Die Akte entspricht technisch, soweit nicht Abweichungen durch zwingende technische Gründe unvermeidbar sind, vollständig der Akte, wie sie mit Anklageerhebung dem Gericht vorzulegen ist.

Allerdings ist zu beachten, dass die derzeit erstellten Programme für die Bearbeitung der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Akten auch die Möglichkeit bieten, im Rahmen der Sachverhaltsaufbereitung und rechtlichen Durchdringung der Akten persönliche Markierungen oder Kommentare des Staatsanwalts oder Richters an Dokumenten anzubringen. Diese Erläuterungen dienen nur der inhaltlicher Erschließung der e-Akte, werden technisch mit den jeweiligen Dokumenten der Akte verbunden und sind damit zwar auch – technisch – Bestandteile der konkreten elektronischen Akte geworden. Sie sind aber kein Inhalt der "offiziellen Akte", die der Akteneinsicht zugänglich ist und müssen daher von der Weitergabe der elektronischen Akte bzw. der Einsicht in die elektronische Akte ausgenommen werden.

Man kann sich das etwa so vorstellen, als ob der Bearbeiter eines Papierdokumentes eine Klarsichtfolie über den Text legt, auf dem er seine bearbeitenden Anmerkungen niederlegt. Dieser Bearbeiter kann den Text des Dokumentes einschließlich seiner Anmerkungen sehen, lesen und ggf. weiter bearbeiten. Erhält eine andere Person Einsicht in dieses Dokument, so wird diese Klarsichtfolie mit den persönlichen Bearbeitungshinweisen entfernt. Diese andere Person kann also nur den Text des Papierdokumentes selbst lesen, nicht aber die bearbeitenden Anmerkungen.

bb) Technische Voraussetzungen beim Antragsteller, der Akteneinsicht nimmt

Hierzu führt die Gesetzesbegründung nur kurz aus, dass der Antragsteller über entsprechender Hard- und Software verfügen muss. Da diese bereits im Zusammenhang mit dem beA beschafft werden muss, lösen diese gesetzlichen Vorgaben für die elektronische Akte keine neuen, zusätzlichen Kosten aus. Soweit die in der elektronischen Akte vorhandenen elektronischen Dokumente in Form von PDF-A zur Verfügung gestellt werden, sind sie sogar mit dem im Internet kostenfrei verfügbaren Acrobat Reader lesbar, so dass hier kein besonderer Softwareaufwand anfällt.

cc) Umfang der Akteneinsicht

Jedoch kann sich die Gewährung auch auf einen Aktenstand zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt zwischen Antragstellung und tatsächlicher Einsichtnahme erstrecken.

Dabei ist davon auszugehen, dass der Aktenbestand nicht im Echtsystem der Justiz eingesehen werden kann, sondern zum Schutz vor unberechtigten Zugriffen die elektronische Akte auf einem gesonderten Rechner gespiegelt und dort also eine Kopie zur Einsicht bereitgestellt wird.

dd) Schutz gegen Weitergabe der Informationen

Eines der Kernanliegen des Gesetzes ist es, bei bestehendem Einsichtsrecht zwar einerseits möglichst weitgehend die Einsicht der Verfahrensbeteiligten technisch zu gewährleisten, andererseits die Weitergabe der Informationen an unberechtigte Dritte zu vermeiden. Eine Lösung dieses Spannungsfeldes gleicht allerdings der "Quadratur des Kreises" und stößt insbesondere bei nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten an kaum zu lösende Grenzen.

§ 32f Abs. 3 StPO-E stellt die Forderung auf, dass "durch technische und organisatorische Maßnahmen (...) zu gewährleisten (ist), dass Dritte im Rahmen der Akteneinsicht keine Kenntnis vom Akteninhalt nehmen können".

Allerdings kann die Justiz nur so lange die Weitergabe von Informationen verhindern, wie sich die Informationen allein in ihrem Herrschaftsbereich befinden. Verlassen die Informationen diesen Herrschaftsbereich, so endet auch die Möglichkeit des umfassenden Schutzes. Sobald ein Verfahrensbeteiligter Einsicht in die Akte nimmt, hat der die eine eigene und vollständige Verfügungsmacht über die in der Akte dokumentierten Informationen. Alle Versuche, hier einen weitergehenden Schutz durch technische Maßnahmen zu erreichen, lassen sich letztlich in der Praxis mit mehr oder weniger Aufwand umgehen. Eine Weitergabe der Informationen – und sei es schlicht durch Abschreiben oder auch mündlich – kann dann auch durch technische Vorkehrungen wie die in der Gesetzesbegründung beispielhaft genannten Wasserzeichen nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Daher wird man das gesetzliche Gebot an die Justiz wortgetreu und sinnvoll dahingehend auslegen müssen, dass die Kenntnisnahme Dritter nur "im Rahmen der Akteneinsicht" verhindert werden muss, nicht aber die spätere Kenntnisnahme "infolge der Akteneinsicht".

Verpflichtungsadressat der Regelung des Satzes 1 ist nach de...

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