Wer Unterhalt beansprucht, muss – so die allgemeinen unterhaltsrechtlichen Obliegenheiten – auf die Vermögensinteressen des Pflichtigen Rücksicht nehmen. Der den Unterhalt geltend machende Ehegatte muss daher alles unterlassen, was dem anderen Ehegatten die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht erschwert oder unmöglich macht (OLG Hamm FamRZ 2015, 1397). Setzt er sich mutwillig über diese Verpflichtungen hinweg, kann dieses Verhalten den Härtegrund nach § 1579 Nr. 5 BGB erfüllen.

Verlangt wird jedoch ein gravierendes Fehlverhalten. Erforderlich ist, dass die wirtschaftliche Lage des Unterhaltspflichtigen nachhaltig beeinträchtigt und dadurch seine Leistungsfähigkeit erheblich vermindert wird. Eine Vermögensgefährdung mit einem besonderen Gewicht genügt (OLG Brandenburg NJW-Spezial 2015, 133).

Besondere praktische Bedeutung hat das Verschweigen von Informationen zum Einkommen. Eine Pflicht zur ungefragten Information über unterhaltsrelevante Tatsachen besteht bei Vergleichen, so dass der Unterhaltsberechtigte den Verpflichteten ungefragt über einen erheblichen Anstieg des eigenen Einkommens seit dem Abschluss eines Vergleichs informieren muss (BGH FamRZ 2008, 1325; OLG Koblenz MDR 2015, 953; OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 225 = FamFR 2010, 391). Subjektiv ist zumindest leichtfertiges Verhalten erforderlich.

Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens besteht die prozessuale Wahrheitspflicht, Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit entsprechend abzugeben (§ 138 Abs. 1 ZPO). Hat das Gericht eine Auskunftsauflage nach § 235 Abs. 1 oder Abs. 2 FamFG gesetzt (dazu Viefhues FuR 2013, 20 ff.), besteht zusätzlich die Pflicht, Veränderungen unaufgefordert mitzuteilen (§ 235 Abs. 3 FamFG).

 

Praxishinweise:

  • Die Bewertung, ob eine Position unterhaltsrechtlich relevant ist oder nicht, steht allein dem Gericht zu, nicht dem Beteiligten.
  • Der Beteiligte kann dem Gericht nicht diese Bewertung "abnehmen", indem relevante Tatsachen verschwiegen werden.
  • Dabei ist gleichgültig, ob es sich um Positionen des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten handelt; die Wahrheitspflicht gilt für beide Seiten.
  • Weiter konkretisiert wird die prozessuale Wahrheitspflicht in § 138 Abs. 2 ZPO für den Fall, dass der Gegner bestimmte Tatsachen behauptet. Dann ist eine ausdrückliche Stellungnahme zu diesen Behauptungen gesetzlich gefordert.

Ist Grundlage des Unterhaltsanspruchs eine gerichtliche Entscheidung, besteht nach der Rechtsprechung eine Pflicht zur ungefragten Information über unterhaltsrelevante Tatsachen nur in Ausnahmefällen, nämlich bei einem Verschweigen wesentlicher Umstände, mit deren Eintritt nicht zu rechnen war (OLG Hamm FuR 2012, 266).

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