Der Präsident des BVerwG, Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Rennert, hat Ende Januar anlässlich einer Tagung auf die Herausforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die dramatische Zunahme asylrechtlicher Streitigkeiten hingewiesen. Die Eingangszahlen in Asylsachen bei den 51 Verwaltungsgerichten seien von gut 45.000 im Jahr 2014 auf 400.000 im Jahr 2017 gestiegen und machten mittlerweile etwa drei Viertel der Gesamtbelastung der Verwaltungsgerichte aus. Die Klagewelle im Asylrecht ist derzeit auch ein Thema bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin.

Die überbordenden Eingangszahlen im Asylbereich verstopften die Gerichte und verlängerten die Laufzeiten der Verfahren nicht nur im Asylbereich, so Rennert. Zwar hätten die Länder die Zahl der Richterstellen in den vergangenen zwei Jahren erhöht. Allerdings stehe der Zunahme an Verfahrenseingängen in diesem Zeitraum um 120 % eine Zunahme an Richterstellen um lediglich 15 % gegenüber. Die Verfahrenszahl je Richter habe sich von 143 im Jahr 2011 bis heute mehr als verdoppelt. Zudem werde es immer schwieriger, geeigneten Richternachwuchs zu gewinnen.

Neben der Verbesserung der personellen und sachlichen Ausstattung der Verwaltungsgerichte erscheinen Rennert zufolge Änderungen des Asylprozessrechts dringend geboten. Über die vom Gesetzgeber bereits vorgesehene Sprungrevision in Asylsachen hinaus könne eine weitere Erleichterung des Rechtsmittelzugangs zur Einheitlichkeit der Rechtsprechung beitragen.

Ferner solle das Zurückverweisungsverbot für die Berufungsgerichte beseitigt werden. Die 1992 zur Verfahrensbeschleunigung eingeführte Sonderregelung erweise sich zunehmend als kontraproduktiv. Das gelte insbesondere in Fällen, in denen das Verwaltungsgericht ein Asylgesuch nicht individuell geprüft, sondern eine Gruppenverfolgung angenommen habe und das Berufungsgericht das für falsch halte. In diesen Fällen müsse die Einzelfallprüfung nachgeholt werden, wofür das Verwaltungsgericht eingerichtet sei, ein Oberverwaltungsgericht aber regelmäßig nicht. Hier erweise sich das Zurückverweisungsverbot als überaus hinderlich. Schließlich solle in Erwägung gezogen werden, die Befugnis des BVerwG im Asylprozess in gewissem Ausmaß auf tatsächliche Feststellungen zu erstrecken und sog. Länderleitentscheidungen zu ermöglichen.

[Quelle: BVerwG]

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