(BGH, Urt. v. 26.10.2015 – AnwZ (Brfg) 25/15) • Die Verletzung des Umgehungsverbots des § 12 BORA (kein direkter Kontakt zur Gegenseite ohne Einwilligung des gegnerischen Rechtsanwalts) stellt einen wesentlichen Verstoß gegen anwaltliches Berufsrecht dar und ist nicht auf vorsätzliches Handeln zu beschränken. Vielmehr genügt jedes schuldhafte Handeln und damit auch Fahrlässigkeit. Fahrlässiges Handeln liegt vor, wenn der Rechtsanwalt eine Anweisung dahingehend erteilt bzw. es bewusst zugelassen hat, dass auf eine große Anzahl von ausgehenden Schreiben ein den Unterschriftenzug tragender Faksimile-Stempel des Rechtsanwalts aufgebracht wurde, ohne dass dieser selbst diese Schreiben zur Kenntnis nahm und auf die Einhaltung des Umgehungsverbots nach § 12 BORA überprüfte. Als Folge sind ihm diese Schreiben als unmittelbare Kontaktaufnahme zuzurechnen. Hinweis: Das Umgehungsverbot dient vorrangig dem Schutz des gegnerischen Mandanten. Hat dieser zur Wahrung seiner Rechte die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig erachtet, so soll er davor geschützt sein, bei direkter Kontaktaufnahme durch den Rechtsanwalt der Gegenseite wegen fehlender eigener Rechtskenntnisse und mangels rechtlicher Beratung übervorteilt zu werden. Der vorrangig dem Schutz des gegnerischen Mandanten dienende Zweck des Umgehungsverbots nach § 12 BORA gebietet es, bei der Zurechnung eines gegen § 12 BORA verstoßenden Anwaltsschreibens maßgeblich auf den Empfängerhorizont der Gegenpartei abzustellen. Entscheidend ist, ob aus Sicht der Gegenpartei das unter Verstoß gegen § 12 BORA an sie gerichtete Anwaltsschreiben einem bestimmten Rechtsanwalt zugerechnet werden kann. Hierzu genügte vorliegend, die Anbringung eines Faksimile-Stempels, der die Unterschrift des Klägers nachbildete.

ZAP EN-Nr. 173/2016

ZAP 4/2016, S. 165 – 166

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