Seit längerem setzt sich die Anwaltschaft dafür ein, dass die Haftentschädigung für zu Unrecht Inhaftierte deutlich angehoben wird. So fordert etwa der Deutsche Anwaltverein (DAV), dass die immaterielle Entschädigung für Justizopfer von derzeit 25 EUR auf einen Betrag von mindestens 100 EUR pro Hafttag anzuheben ist.

Anspruch auf eine Entschädigung haben z.B. Untersuchungsgefangene, deren Verfahren eingestellt wird oder die freigesprochen werden. Auch nach einer rechtskräftigen Verurteilung können Betroffene Haftentschädigung bekommen, wenn ein Wiederaufnahmeverfahren mit Freispruch oder Aufhebung der Strafe endet. Die fiskalische Belastung bei einer Anhebung wie vom DAV gefordert wäre für den Haushalt bzw. den Steuerzahler verglichen mit anderen sozialen Ausgaben eine vernachlässigbare Größe. Der Wert von Freiheit lasse sich, so der Verein, materiell nicht quantifizieren. Habe der Staat einem Menschen diese Freiheit zu Unrecht entzogen, müsse er versuchen, diesen Verlust zumindest symbolisch aufzuwiegen. Die derzeitige Entschädigungshöhe in Deutschland von 25 EUR sei jedoch deutlich niedriger als jene in anderen Ländern und bilde im europäischen Vergleich sogar das Schlusslicht.

Offenbar haben die Appelle der Anwaltschaft in der Politik Gehör gefunden. Nachdem sich zunächst die Justizministerkonferenz im Herbst 2017 für eine Erhöhung der Haftentschädigung ausgesprochen hatte, ohne sich jedoch auf einen konkreten Betrag festzulegen, schlugen einige Bundesländer in einer Länderinitiative eine Erhöhung auf 50 EUR vor. Dieser Antrag stand nun am 20.12.2019 in der letzten Sitzung vor dem Jahresende auf der Tagesordnung des Bundesrates. Dort einigte man sich auf eine Anhebung auf 75 EUR. Dieser Betrag geht noch über die Länderinitiative hinaus, erreicht jedoch nicht die Forderung etwa des DAV.

Der Bundesrat begründet seinen Entschluss damit, dass die letzte Anpassung der Entschädigung für den immateriellen Schaden einer Freiheitsentziehung 2009 erfolgt sei. Daher sei aus seiner Sicht jetzt eine Erhöhung dringend geboten, wie es in dem Beschluss der Länderkammer heißt. Der Gesetzentwurf ist bereits an die Bundesregierung gesandt worden, die dazu nun eine Stellungnahme formulieren kann. Anschließend muss sich noch der Bundestag mit dem Ländervorschlag befassen.

[Quelle: Bundesrat]

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