Das Fazit dieser (notwendig kursorischen) Betrachtung führt daher zu den eingangs genannten Herausforderungen für die Gestaltung einer modernen, "elektronifizierten" Justiz zurück. Danach liegen die aktuellen wie künftigen Probleme des ERV im Wesentlichen nicht im (normativen) Detail, sondern vor allem im Grundsätzlichen: Bleibt es bei der bestehenden und auch für die Zukunft geplanten Konzentration auf Form- und Sicherheitsfragen, dann erschöpfen sich auch alle künftigen Schritte eines ERV auf weitere "Reformen der Form, aber nicht der Inhalte" (Peter Gilles).

Im Gegenteil ist aber gerade eine Reform der Inhalte notwendig, wenn die Justiz wirklich zukunftsfähig gestaltet und den bestehenden Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten (also gerade nicht: -zwängen) zeitgemäß angepasst werden soll. Dass es Überlegungen zu solchen "alternative Verfahren", die neue digitale Wege mit verbesserter Rechtsdurchsetzung verbinden, bereits gibt, zeigt etwa die rechtspolitische Diskussion um ein "Beschleunigtes-Online-Verfahren" (s. zu dem Hamburgischen Vorschlag auf der letzten JuMiKo im Juni 2018 in Eisenach mit einer nachfolgenden Arbeitsgruppe, die Vorschläge für Gesetzesänderungen für einen effektiven Rechtsschutz auch bei geringem Streitwert erarbeiten soll, jüngst Steffen NJW-aktuell 37/2018, S. 3) oder der Hinweis (von Köbler NJW-aktuell 42/2018, S. 17) auf ein studentisches Projekt an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer zu einem elektronischen Zivilverfahren mit "strukturiertem Parteivortrag" (s. Köbler AnwBl Online 2018, 399 f.).

Vorrangig zu diskutieren ist somit die Frage, welche (Zivil-)Justiz und welche Art von (Zivil- und Vollstreckungs-)Verfahren man künftig will, bevor man sich flankierend den Form- und Sicherheitsaspekten des ERV widmet, die man in Anlehnung an die berühmten Worte Friedrich Steins als lediglich "technisches Recht" in seiner "allerschärfsten Ausprägung" bezeichnen kann.

Autor: apl. Professor Dr. Nikolaj Fischer, J. W. Goethe-Universität Frankfurt a.M./Universität Kassel

ZAP F. 13, S. 147–158

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