Dieser "missing link" ist neben zahlreichen anderen Neuregelungen des ERV mit dem Justizkommunikationsgesetz (JKomG) vom 22.3.2005 (BGBl I, S. 837, 2022) eingeführt worden (vgl. N. Fischer, Justiz-Kommunikation, 2004, S. 7 ff. m.w.N.). Hervorhebenswert sind für das JKomG (vgl. dazu auch die Materialien: BR-Drucks 609/04 und BT-Drucks 15/4067 zu den Gesetzesentwürfen sowie BT-Drucks 15/4952 zu Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses) besonders die zahlreichen Neuerungen im Zivilprozessrecht – §§ 130b, 298, 298a, 371a, 416a ZPO. Lediglich geringfügige Änderungen betrafen das Zwangsvollstreckungsrecht (vgl. Art. 1 Nr. 37–47 des JustizKomG): Beispielsweise sind die Anpassungen in § 734 S. 2, 3 ZPO sowie in § 754a ZPO für die elektronische Auftragserteilung zu nennen.

 

Hinweis:

Hervorhebenswert sind § 760 S. 2 ZPO für die Akteneinsicht und die Ermöglichung eines elektronischen Pfändungsprotokolls in § 813 Abs. 2 ZPO.

Nach § 758a Abs. 6 S. 1 ZPO ist das BMJ ermächtigt worden, durch RechtsVO (nach S. 2 obligatorische) Antragsformulare für die richterliche Durchsuchungsanordnung gem. § 758a Abs. 1 S. 1 ZPO einzuführen. Entsprechendes gilt gem. § 829 Abs. 4 ZPO auch für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach §§ 829, 835 ZPO. Das Kernstück der ERV-Neuerungen aufgrund des JKomG ist der § 130b ZPO, weil er das "Bindeglied" zwischen den zuvor geschaffenen ERV-Regelungen darstellt: Diese Vorschrift, die das "gerichtliche elektronische Dokument" regelt, soll die Möglichkeit eröffnen, gerichtliche Dokumente, die der Schriftform bedürfen (s. §§ 164, 160a ZPO), als elektronische Dokumente aufzuzeichnen (s. auch Dreßel/Viefhues K&R 2003, 434 ff., 434).

Auch das Mahnverfahrensrecht (§§ 688 ff. ZPO) ist durch das JKomG geändert worden (s. dessen Art. 1 Nr. 33–36). Insbesondere stellen die Änderungen (und die Ergänzung) bei § 692 Abs. 2 ZPO klar, dass auch der Mahnbescheid in "elektronischer Form" ergehen kann, wenn das Dokument mit einer einfachen elektronischen Signatur versehen wird. Diese geringere Formenstrenge wird damit für den "elektronischen Mahnbescheid" durch die Zulassung der einfachen Signatur aufrechterhalten, was auch zweckmäßig ist, da ansonsten die Effektivität des Mahnverfahrens beeinträchtigt worden wäre (vgl. Krüger/Bütter MDR 2003, 181 ff., 183).

 

Hinweis:

Weiterhin ist durch eine Ergänzung bei § 133 ZPO legislatorisch klargestellt worden, dass eine Partei, die einen Schriftsatz als elektronisches Dokument nach § 130a ZPO übermittelt, nicht verpflichtet ist, die für die Zustellung notwendige Zahl von Abschriften in Papierform einzureichen. Sofern die gegnerische Partei nicht am elektronischen Rechtsverkehr teilnimmt, hat die Geschäftsstelle des Gerichts dafür Sorge zu tragen, dass das eingereichte elektronische Dokument ausgedruckt und dem Gegner in der gesetzlich vorgeschriebenen Form übermittelt wird. Durch Beseitigung der Verpflichtung, die für die Zustellung notwendige Zahl an Abschriften bei elektronischer Übermittlung beizufügen, ist die Verpflichtung zur Zahlung von Auslagen gem. GKG entfallen (s. zum "Gericht als Druckerstraße der Anwaltschaft" Viefhues CR 2001, 556 ff., 557 f.).

Nach § 130a Abs. 1 S. 3 ZPO a.F. (s. aktuell § 130a Abs. 6 S. 1 ZPO) ist der Absender eines elektronischen Dokuments frühzeitig davon zu unterrichten, falls das übermittelte Dokument nicht zur Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist. Dies ist schon deshalb geboten, da der Absender das Risiko einer fehlgeschlagenen Übermittlung von Dokumenten trägt. Die "unverzügliche Mitteilung" soll die Möglichkeit eröffnen, das Dokument nochmals zu übermitteln bzw. einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) zu legitimieren.

Zentrales Anliegen des JKomG ist weiterhin das "effiziente elektronische Arbeiten" und die Ermöglichung der "elektronischen Aktenführung" (vgl. etwa Krüger/Bütter MDR 2003, 181 ff., 183; s. auch Viefhues/Scherf ZAP F. 23, S. 561 ff.; s. zur "elektronischen Akte" m.w.N. Suermann DRiZ 2001, 291 ff.; Bender/Schwarz CR 1994, 372 ff.; Hauf/Bender DRiZ 1995, 293 ff., 295). Daraus folgt die Notwendigkeit, Normen zu schaffen, die "das Führen einer elektronischen Akte und gleichzeitig den Transfer von Papierform in elektronische Form und umgekehrt" ermöglichen. § 298 ZPO ("Aktenausdruck") erlaubt dabei den "binnenjustiziellen Medientransfer" von bei Gericht eingegangenen (§ 130a ZPO) oder gerichtlich erstellten (§ 130b ZPO) elektronischen Dokumenten.

Praktisch bedeutsam sind dabei auch die Delegationsermächtigungen für die Zulassung der "elektronischen Aktenführung" gem. § 298a Abs. 1 S. 2–4 ZPO. Damit hängt die zentrale Frage, in welchen Verfahren und bei welchen Gerichten eine elektronische Aktenführung tatsächlich eröffnet wird, von der Exekutive in Bund und Ländern ab. Die damalige Prognose, dass es angesichts angespannter Landeshaushalte und schmaler Justizbudgets noch "längere Zeit" dauern wird, bis die technischen Voraussetzungen für "elektronische Verfahren" ...

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