Im Wesentlichen begonnen hatte die "Elektronifizierung" des Verfahrensrechts mit dem "Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr" vom 13.7.2001 (BGBl I. S. 1542, kurz: "Formvorschriftenanpassungsgesetz"): Das (sog.) FormVorAnpG hat zunächst die ersten normativen Grundlagen für die Einreichung sog. elektronischer Schriftsätze bei Gericht geschaffen (vgl. dazu m.w.N. Hähnchen NJW 2001, S. 2830 ff.; Vehslage DB 2000, 1801 ff.; Vehslage AnwBl 2002, 86 ff.; zur Änderung von Formvorschriften des BGB durch das FormVorAnpG u. insb. zur elektron. Form gem. § 126a BGB m.w.N. Krüger/Bütter MDR 2003, 181 ff., 181; Schmidl CR 2002, 508 ff.) und dient zugleich der Umsetzung von Art. 9 der EG-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 8.6.2000, RL 2000/31/EG (ABl EG Nr. L 178, S. 1).

 

Hinweis:

Hervorhebenswert sind insbesondere die damit seinerzeit verbundenen Änderungen der ZPO (vgl. §§ 130, 130a, 133, 299, 299a, 371 ZPO sowie dem mittlerweile wieder weggefallenen § 292a ZPO). Dabei wurden mit den Regelungen der § 299 Abs. 3 ZPO und § 299a ZPO erste Ansätze für die Möglichkeit der elektronischen Aktenführung bei Gericht geschaffen. Die damalige Neuregelung des § 292a ZPO (a.F.) etablierte erstmals eine Anscheinsbeweisregelung dahingehend, dass eine Willenserklärung, die in der Form des § 126a BGB vorliegt, mit dem Willen des jeweiligen Inhabers des Signaturschlüssels abgegeben wurde (s. m.w.N. Fritsche NJ 2002, 169 ff., 176 f.; Hoffmann NJW 2003, 2576 ff., 2577).

Die zentrale Bedeutung dieser ERV-Reform für die ZPO liegt jedoch in der seinerzeit neugeschaffenen Regelung gem. § 130a ZPO, die die Einreichung vorbereitender Schriftsätze (§§ 129, 130 ZPO) als "elektronisches Dokument" überhaupt erst ermöglicht hat. Durch die Einführung des § 130 Nr. 6 ZPO ist der Einsatz sog. Computerfaxe (mit eingescannter Unterschrift) auf eine rechtliche Grundlage gestellt geworden (s. zur Rechtsprechungsentwicklung GmS-OGB, Beschl. v. 5.4.2000 – NJW 2000, 2340 f.; s. auch Düwell NJW 2000, 3334; Schmidt BB 1999, 1125 ff.; Schwachheim NJW 1999, 621 ff.).

Nach der in § 130a Abs. 2 ZPO geschaffenen Öffnungsklausel (in ihrer damaligen Fassung) konnten Bundesregierung und Landesregierungen durch Rechtsverordnung (u.a.) den Zeitpunkt bestimmen, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten eingereicht werden können. Frühzeitig verwirklicht wurde dies dann beim BGH durch die (frühere und mit Wirkung zum 1.9.2007 aufgehobene) "Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim BGH" (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung – ERVVOBGH, BGBl I, S. 3225 vom 26.11.2001; vgl. nunmehr die "Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht" – BGH/BPatGGERVV v. 24.8.2007, BGBl I, S. 2130).

Anzumerken ist jedoch, dass die seinerzeit eröffnete Zusammenarbeit von Bund und Ländern zur Etablierung eines möglichst einheitlichen ERV in Deutschland zum einen bis heute nicht abgeschlossen worden ist, und zum anderen laufend neue heterogene Standards und Vorgehensweisen hervorgebracht hat (s. zu den angestrebten "detaillierten organisatorisch-technische Leitlinien", die "technischen Standards und Formate" für den ERV bestimmen sollten, Dreßel/Viefhues K&R 2003, 434 ff., 435; zur bereits damaligen ERV-Projektvielfalt Herberger, in: Gilles (Hrsg.), Prozeßrecht an der Jahrtausendwende, 1999, S. 91 ff. m.w.N.; zu einem "Flickenteppich" bei der E-Akten-Software Rebehn NJW-aktuell 42/2018, S. 16).

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