Die Wahrung von Mitgliedschaftsrechten, also von Rechten der Aktionäre, schien dem Gesetzgeber indessen besser beim Landgericht aufgehoben. Ob der Vorstand einem Aktionär Auskunft zu geben hat, entscheidet auf Antrag ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat (§ 132 Abs. 1 AktG), desgleichen bei Einwendungen gegen abschließende Feststellungen der Sonderprüfer nach § 259 Abs. 2 und 3 AktG (§ 260 Abs. 1 S. 1 AktG). Erst recht gilt das bei finanziellen Belangen, nämlich, wenn um den angemessenen Ausgleich zugunsten außenstehender Aktionäre bei Gewinnabführungsverträgen (§§ 304 Abs. 3 S. 3, 305 Abs. 5 S. 2 AktG), um die Höhe der Abfindung für ausgeschiedene Aktionäre – "Squeeze out" – der eingegliederten Gesellschaft (§ 320b Abs. 2 S. 2 AktG), um die solcher Aktionäre, deren Aktien auf den Hauptaktionär übertragen wurden (§ 327f S. 2 AktG) oder um den Ausgleich für die Beseitigung von Mehrstimmrechten (§ 5 Abs. 4 EGAktG) gestritten wird.

aa) Kammer für Handelssachen

Da der Streit in diesen Fällen aus dem Rechtsverhältnis zwischen einer Handelsgesellschaft und ihren Mitgliedern herrührt, ist er Handelssache, § 95 Abs. 1 Nr. 4 lit. a HGB, so dass die Kammer für Handelssachen an die Stelle der Zivilkammer tritt. Ausdrücklich bestimmt dies § 95 Abs. 2 Nr. 1 HGB auch für Anfechtungsklagen, mit denen ein Beschluss der Hauptversammlung angegriffen wird (§ 246 Abs. 3 S. 1 AktG mit der selbstverständlichen Einschränkung in Satz 2, dass die Kammer für Handelssachen bei dem zuständigen Landgericht eingerichtet sein muss). § 95 Abs. 2 Nr. 1 GVG macht es sogar zur "Handelssache", wenn eine das Gemeinwohl gefährdende Aktiengesellschaft auf Antrag der obersten Landesbehörde durch Urteil aufgelöst werden soll (§ 396 Abs. 1 AktG).

bb) Spruchverfahrensgesetz

Die Vorschriften zur Abfindung bzw. zum Ausgleich verweisen auf das Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren (v. 12.6.2003, BGBl 2003, S. 838 – Spruchverfahrensgesetz), nach dessen § 2 das Landgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk die Aktiengesellschaft ihren Sitz hat. Bei mehreren örtlich zuständigen Landgerichten ist das Gericht zuständig, das zuerst mit der Angelegenheit befasst worden ist, sofern die Spruchverfahren in einem sachlichen Zusammenhang stehen, § 2 Abs. 1 S. 2 SpruchVG, § 2 Abs. 1 FamFG. Besteht insoweit Streit oder Ungewissheit, muss Gerichtsbestimmung gem. § 5 FamFG erfolgen. Wird nach Bestimmung auf Leistung des Ausgleichs, der Zuzahlung oder der Abfindung geklagt, bleibt es gem. § 16 SpruchVG nicht nur bei der Zuständigkeit des Landgerichts, bei dem das Bestimmungsverfahren anhängig war, sondern auch bei der Zuständigkeit des Spruchkörpers. Die Probleme, die angesichts der Dauer von Spruchverfahren und der jährlichen Änderung gerichtlicher Geschäftsverteilungspläne entstehen, lassen sich bisweilen – wie beim Streit zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen um die "funktionelle" Zuständigkeit – nur durch Spruchkörperbestimmung beseitigen. Das gilt auch, soweit sie auf der Übergangsvorschrift des § 17 SpruchVG beruhen.

 

Hinweis:

Zur Zuständigkeit hinsichtlich eines Beschwerdeverfahrens nach einem "Delisting" angesichts der rheinland-pfälzischen Konzentrationsregelung vgl. OLG Koblenz (Beschl. v. 21.6.2007 – 4 Sm 29/07).

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