Unter dem Vorsitz Brandenburgs fand Mitte November die diesjährige Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister der Bundesländer in Berlin statt (zur diesjährigen Frühjahrs-Justizministerkonferenz vgl. auch ZAP Anwaltsmagazin 13/2016, S. 667). Die Zusammenkunft der Länderjustizminister dient der Koordination und Abstimmung der justiz- und rechtspolitischen Vorhaben der Länder. Die dort gefassten Beschlüsse haben zwar keinen unmittelbaren rechtssetzenden Charakter, von ihnen gehen aber meist maßgebliche Impulse für die rechtspolitische Entwicklung in Deutschland aus. Auch in diesem Herbst wurden rechtspolitische Vorhaben diskutiert und Maßnahmen beschlossen. Unter anderem ging es hierbei um Kinderrechte, Internetkriminalität und den fliegenden Gerichtsstand. Weitere Absprachen betreffen Verbraucherrechte und Vormundschaftsverfahren bei minderjährigen Flüchtlingen. Die wichtigsten Vorhaben sind nachstehend kurz zusammengefasst.

  • Kinderrechte

Nach dem Willen der Justizminister sollen Kinderrechte künftig in das Grundgesetz aufgenommen werden, um die Rechtsstellung und das besondere Schutzbedürfnis von Kindern deutlich zum Ausdruck zu bringen. Zu diesem Zweck soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt werden und 2017 eine gemeinsame Empfehlung für die Fachministerkonferenzen formulieren.

  • Internetkriminalität

Hassbotschaften und illegaler Waffenhandel im Internet sollen effektiver unterbunden werden. Für soziale Netzwerke soll die Pflicht geprüft werden, die Zahl der gelöschten Hasskommentare regelmäßig zu veröffentlichen. Der Handel mit illegalen Gegenständen und Dienstleistungen im sog. Darknet soll unterbunden werden. Hierzu sollen die Ermittlungsbefugnisse der Strafverfolgungsbehörden besser auf die digitalen Herausforderungen eingestellt werden; auch sollen Verschärfungen im materiellen Strafrecht geprüft werden.

  • Verbraucherrechte

Mit Blick auf den VW-Abgasskandal halten es die Justizminister für sinnvoll, die Möglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes im Verbraucherschutzrecht auszuweiten. Sie befürworten die Einführung einer verbraucherrechtlichen Musterfeststellungsklage und bitten den Bundesjustizminister, einen entsprechenden Referentenentwurf möglichst noch in dieser Legislaturperiode vorzulegen.

  • Kartellrecht

Die Strafverfolgung von Kartellrechtsverstößen soll nach der Vorstellung der Länderjustizminister durch eine kartellrechtsspezifische Bonusregelung gestärkt werden. Sie verweisen auf die bisherigen Erfahrungen mit der Kronzeugenregelung in § 46b StGB und wollen die Möglichkeit einer Ausweitung auf weitere Taten, etwa § 298 StGB, prüfen lassen.

  • Fliegender Gerichtsstand

Die Justizminister sind der Auffassung, dass die Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 1 UWG zum "fliegenden Gerichtsstand" aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung der Wirtschaft einer Überprüfung bedarf. Die dieser Vorschrift ursprünglich zugrundeliegende Erwägung, dass am Begehungsort die Aufklärung sachnäher und kostengünstiger erfolgen könne, treffe bei Wettbewerbsverstößen im Internet nur noch eingeschränkt zu. Stattdessen öffne die bisherige Regelung die Möglichkeit des "forum shopping" und mache den Gerichtsstand so kaum vorhersehbar. In die geplante Evaluierung sollen auch andere betroffene Rechtsgebiete, wie der gewerbliche Rechtsschutz, das Presse- und Äußerungsrecht und das Urheberrecht einbezogen werden.

  • Errichtung gemeinsamer Gerichte

Nach der Vorstellung der Justizminister sollen die Länder die Möglichkeit erhalten, auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Errichtung gemeinsamer Gerichte und Spruchkörper oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus zu vereinbaren, wie dies bereits für die Verwaltungsgerichtsbarkeit möglich ist.

  • Bestellung von Berufsvormündern

Die Justizminister sind – insbesondere vor dem Hintergrund der Vielzahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge – der Auffassung, dass das Vormundschaftsverfahren effizienter ausgestaltet werden soll. Die Vorschrift des § 1789 BGB, wonach die Bestellung auch von Berufsvormündern deren persönliches Erscheinen vor Gericht erfordere, stelle ein solches Hindernis dar. Bei Berufsvormündern solle künftig, ähnlich wie bei Berufsbetreuern (§ 289 FamFG), eine schriftliche Bestellung ausreichend sein.

Die vollständigen Beschlüsse der Justizministerkonferenz können unter https://mdjev.brandenburg.de/justiz/justizministerkonferenz-2016.html abgerufen werden.

[Quelle: JuMiKo]

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