Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit geschaffen, zum Zwecke der Vereinfachung und der Beschleunigung Dokumente auf elektronischem Wege an die Gerichte versenden zu können. Die entsprechenden Anforderungen und Rahmenbedingungen ergeben sich insb. aus § 130a ZPO – in anderen Verfahrensordnungen aus § 55a VwGO, § 52a FGO, § 46b ArbGG und § 65a SGG – und der Elektronischer- Rechtsverkehr VO – ERVV, BGBl 2017 I 3803. Die bisherige Praxis belegt jedoch, dass dieser Weg fehleranfällig ist und mit (Haftungs-)Risiken verbunden sein kann.

 

Hinweis:

Zur Unzulässigkeit nach § 4 Abs. 2 ERVV, mehrere elektronische Dokumente mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur (der sog. Container-Signatur) zu übermitteln (s. BAG 15.8.2018 – 2 AZN 269/18, NJW 2018, 2978 m. Anm. Müller, hierzu die Verfasser ZAP 2020 F. 17 R. S. 956 f und Radtke, JM 2019, 189, ferner BSG v. 9.5.2018 – B 12 KR 26/18 B, NJW 2018, 2222 m. Anm. Plum hierzu Sartorius, ZAP 2020 F. 18, S. 1619 f. sowie BVerwG v. 7.9.2018 – 2 WDB 3/18).

Das BAG hat nunmehr durch Beschluss v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20, ZAP EN-Nr. 425/2020 (= NJW 2020, 2351 mit Anm. Müller a.a.O., 2356) – der zu Recht von einer bemerkenswert praxisfreundlichen und lehrreichen Entscheidung spricht, (s. ferner Spitz jurisPR-ITR 15/2020 Anm. 6 sowie unter Haftungsaspekten Staiger, Mitternachtsfax in Zeiten des beA, AnwBl 2020, 486) entschieden, dass ein elektronisches Dokument, das aus einem beA und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen ist, nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht ist, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortenden Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt.

Die Parteien stritten vorliegend über eine Versetzung und darüber, ob der Kläger auf seinen bisherigen oder einem gleichwertigen Arbeitsplatz zu beschäftigen ist. Das BAG hat die gegen das die Klage abweisende Berufungsurteil erhobene Nichtzulassungsbeschwerde letztlich wegen nicht ordnungsgemäßer Begründung als unzulässig angesehen (§ 72a Abs. 3 ArbGG).

Hier soll nur interessieren, ob die Beschwerde fristgerecht in der vorgeschriebenen Form eingelegt wurde und ob dem Kläger ggf. von Amts wegen Wiedereinsetzung zu gewähren ist.

Nach § 72a Abs. 2S. 1 ArbGG ist die Beschwerde bei dem BAG innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Berufungsurteils schriftlich einzulegen, was nach § 130a Abs. 1 ZPO auch durch elektronisches Dokument geschehen kann, wenn dieses für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist (§ 130a Abs. 2 S. 1 ZPO). Die wortgleiche Regelung in § 46c ArbGG ist insoweit nicht anwendbar, weil sie nur für das erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Verfahren gilt. Für das Revisionsverfahren fehlt eine entsprechende Verweisung in § 72 Abs. 6 ArbGG.

Die Anforderungen an die Signatur und den Übermittlungsweg ergeben sich aus § 130a Abs. 3 und 4 ZPO. Das elektronische Dokument muss mit einer qeS der verantwortenden Person versehen sein oder von dieser (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130a Abs. 3 und 4 ZPO). Im entschiedenen Fall war der Schriftsatz, durch den Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wurde, nicht mit einer qeS versehen gewesen. Er wurde vielmehr aus einem beA nach § 31a BRAO eingereicht, was nach § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO grds. als sicherer Übermittlungsweg gilt.

Bisher war nicht geklärt, ob es für ein einzureichendes elektronisches Dokument ohne qeS darauf ankommt, dass derjenige, der das elektronische Dokument signiert hat, mit dem tatsächlichen Versender aus dem beA übereinstimmt. Das Gericht hält dies im Wege der Auslegung des § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2, Abs. 4 Nr. 2 ZPO für erforderlich und entnimmt dieses Ergebnis dem in der Norm zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willen des Gesetzgebers, zu dessen Ermittlung es den Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Gesetzesmaterialien und Entstehungsgeschichte heranzieht.

Vor allem stellt das BAG auf folgendes ab: Bei einem beA nach § 31a BRAO ist die Identität des Absenders technisch abgesichert. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) richtet für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer RA-Kammer ein beA empfangsbereit ein, wobei Neueintragungen nur nach einem Identifizierungsverfahren nach § 31 Abs. 1 S. 5 BRAO erfolgen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass weitere Zugangsberechtigungen zum Postfach möglich sind, § 31a Abs. 3 S. 3 BRAO, § 23 Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (RAVPV). Nach § 23 Abs. 3 S. 5 RAVPV kann das Recht, nicht-qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, zwar nicht auf andere Personen übertragen werden, die Versendung durch solch andere Personen ist jedoch technisch möglich. Echtheit und Integrität des Dokuments können deshalb nur gewährleistet werden, wenn es entweder mit einer qeS versehen ist oder von der verantwortenden Person selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg einge...

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