Die Experten der Arbeitsgruppe "Sorge- und Umgangsrecht, insbesondere bei gemeinsamer Betreuung nach Trennung und Scheidung" haben im Oktober ihre Thesen zu einer Reform des Sorge- und Umgangsrechts vorgelegt. Die Arbeitsgruppe war im April 2018 im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) eingesetzt worden, um den Reformbedarf im Sorge- und Umgangsrecht, auch im Hinblick auf Fälle des Wechselmodells, umfassend zu erörtern. Ziel ist eine Reform, die auch moderne Betreuungsmodelle besser als bisher abbildet, einvernehmliche Lösungen erleichtert sowie die elterliche Verantwortung unter Berücksichtigung von Kindeswohl und Kindeswillen stärkt.

Die Arbeitsgruppe war mit acht im Bereich des Familienrechts tätigen Sachverständigen aus Rechtswissenschaft, Justiz und Anwaltschaft besetzt. Sie sah aufgrund der geänderten Lebenswirklichkeiten vieler Familien und der gesellschaftlichen Entwicklungen mehrheitlich Bedarf für eine grundlegende Reform im Bereich des Kindschaftsrechts. Zu ihren Vorschlägen zählen:

  • Die elterliche Sorge soll den rechtlichen Eltern eines Kindes von Anfang an gemeinsam zustehen.
  • Die elterliche Sorge soll nicht mehr entzogen werden können. Elternkonflikte sollen durch Regelung der Ausübung der elterlichen Sorge entschieden werden. Dies gilt insb. auch für die Betreuung des Kindes.
  • Ein Umgangsrecht soll es nur noch für Dritte geben.
  • Es soll kein gesetzliches Leitbild für ein bestimmtes Betreuungsmodell eingeführt werden. Vielmehr sollen alle Betreuungsformen bis hin zum Wechselmodell im Rahmen einer am Kindeswohl orientierten Einzelfallentscheidung angeordnet werden können.
  • Einer Sonderregelung für das Wechselmodell bedarf es deshalb nicht.
  • Das Wechselmodell kann, wenn es dem Kindeswohl am besten entspricht, wie jede andere Betreuungsform folglich auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden.
  • Der Kindeswillen soll künftig stärker berücksichtigt werden.
  • Die elterliche Verantwortung soll gestärkt und einvernehmliche Lösungen sollen erleichtert werden.

Das BMJV wird diese Vorschläge nun prüfen und mit Blick auf eine gesetzliche Neuregelung auswerten.

[Quelle: BMJV]

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