Die diesjährige Herbstjustizministerkonferenz fand Anfang November in Berlin unter dem Vorsitz des Landes Rheinland-Pfalz statt. Die Ressortchefs hatten ein breites Beratungsprogramm auf der Tagesordnung, das von der Lage der Justiz über verschiedene Änderungen im Prozessrecht bis hin zum Arzthaftungs- und zum Betreuungsrecht reichte. Die wichtigsten Ergebnisse sind nachstehend kurz zusammengefasst. Die vollständigen Beschlüsse der Justizministerkonferenz können auf der Internetseite der Justiz Rheinland-Pfalz (unter https://jm.rlp.de/de/themen/justizministerkonferenz-2017/beschluesse-der-herbstkonferenz/) abgerufen werden.

  • Qualitätssicherung in der Ziviljustiz

Die Justizminister wollen, nicht zuletzt wegen der in den letzten Jahren stetig gestiegenen fachlichen Anforderungen, die Qualität in der Ziviljustiz u.a. durch folgende Maßnahmen sicherstellen: (a) Ermöglichung einer weiteren Spezialisierung der Ziviljustiz unter Beibehaltung eines „ortsnahen“ Rechtsschutzes in der Fläche, (b) Verbesserung der Möglichkeiten zur Konzentration von Verfahren an einem oder mehreren Gerichten, (c) Förderung der Verhandlung und/oder Entscheidung des Spruchkörpers anstelle des Einzelrichters an Land- und Oberlandesgerichten.

  • Reform des Verwaltungsprozesses

Die Ressortchefs wollen verhindern, dass angesichts der starken Beanspruchung der Verwaltungsgerichte durch Asylverfahren der Kernbereich des allgemeinen Verwaltungsrechtsschutzes verloren geht. Insbesondere sollen die Verfahren beschleunigt werden. Zu diesem Zweck wird unter dem gemeinsamen Vorsitz von NRW und Bremen eine Arbeitsgruppe eingerichtet, deren Aufgabe es ist, bereits vorliegende Änderungsvorschläge zu sichten, ggf. neue zu formulieren und konkrete Regelungsvorschläge zu unterbreiten.

  • Änderungen im Asylprozessrecht

Angesichts der derzeitigen Überlastung der Verwaltungsgerichte mit Asylverfahren (vgl. dazu auch ZAP Anwaltsmagazin 18/2017, S. 942 f.) wollen die Minister eine Entlastung durch weitere Änderungen im Asylprozessrecht prüfen. So soll untersucht werden, ob eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht bei grundsätzlicher Bedeutung der Asylsache und bei Divergenz eingeführt werden kann. Zugleich wird die Einführung einer allübergreifenden Prüfung allgemeiner Tatsachenfragen durch das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsinstanz erwogen.

  • Identitätstäuschungen durch Asylbewerber

Die Justizminister haben sich auch über den Umstand ausgetauscht, dass im Asylverfahren selbst wiederholte unzutreffende Angaben von Antragstellern zu Alter, Identität oder Staatsangehörigkeit derzeit nicht strafbar sind. Sie sind der Auffassung, dass für entsprechende vorsätzlich falsche Angaben eine strafrechtliche Sanktion möglich sein muss.

  • Weiterer Reformbedarf im Strafverfahren

Trotz mehrerer Änderungen des Strafprozessrechts in der zurückliegenden Legislaturperiode beabsichtigen die Minister weitere Änderungen im Strafverfahren. In der kommenden Legislaturperiode wollen sie insbesondere sog. Umfangsverfahren mit einer Vielzahl von Verfahrensbeteiligten und/oder komplexen und umfangreichen Verfahrensgegenständen angehen und hier eine Verfahrensbeschleunigung erreichen.

  • Reform des Sexualstrafrechts

Die Ressortchefs stellten in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Reformkommission (vgl. dazu ZAP Anwaltsmagazin 17/2017, S. 896 f.) fest, dass das Sexualstrafrecht einer grundlegenden Überarbeitung bedarf. Das Bundesjustizministerium soll sich dieses Vorhabens annehmen und zusammen mit den Ländern einen entsprechenden Gesetzentwurf erarbeiten.

  • Rechtsdurchsetzung im Internet

Die Minister haben sich auch mit der Zunahme strafbarer Hasskommentare im Internet und der Gefahr einer Ausbreitung gewaltgeneigter und extremistischer Gesinnungen in der Gesellschaft befasst. Sie halten die derzeitige Gesetzeslage für unzureichend und wollen zusätzlich zu den gesetzlichen Löschpflichten der Betreiber sozialer Medien und sonstiger Kommunikationsplattformen auch eine konsequente Strafverfolgung der Täter erreichen.

  • Erhebung von Standortdaten

Sie sehen es zudem als erforderlich an, dass den Strafverfolgungsbehörden weiterhin der Zugriff auf von den Dienstanbietern gespeicherte Standortdaten ermöglicht wird, und sprachen sich hinsichtlich der Nutzung von aus geschäftlichen oder technischen Gründen gespeicherten Standortdaten dafür aus, zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten zurückzukehren.

  • Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen

Ausgesprochen hat sich die Justizministerkonferenz auch für eine Erhöhung der derzeitigen Pauschale für zu Unrecht erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen. Diese beläuft sich derzeit auf 25 EUR pro Hafttag und soll deutlich angehoben werden.

  • Änderungen im Arzthaftungsrecht

Nach dem Willen der Länderjustizchefs soll künftig bei Infektionen durch Krankenhauskeime eine Beweislastumkehr zugunsten der Patienten stattfinden. Diese sollen zudem ein Einsichtsrecht auch in anonymisier...

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