Erst Anfang dieses Jahres ist das zweite Pflegestärkungsgesetz in Kraft getreten (vgl. ZAP Anwaltsmagazin 2/2016, S. 49), doch weitere Nachbesserungen am Pflegerecht sind bereits in Vorbereitung: Mit dem dritten Pflegestärkungsgesetz will die Bundesregierung insbesondere die Beratung von Pflegebedürftigen und Angehörigen in den Kommunen verbessern. Zu diesem Zweck soll die kommunale Steuerungs- und Planungskompetenz für die regionale Pflegestruktur gestärkt werden. Konkret sollen die Kommunen für fünf Jahre das Recht bekommen, aus eigener Initiative Pflegestützpunkte einzurichten. Ferner sollen sie Gutscheine der Versicherten für eine Pflegeberatung einlösen können.

Darüber hinaus sollen in bis zu 60 Kreisen oder kreisfreien Städten für die Dauer von fünf Jahren als Modellprojekte Beratungsstellen eingerichtet werden. Den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen soll auf diese Weise eine umfassende Beratung über mögliche Hilfen gewährt werden, so etwa über Hilfe zur Pflege, Eingliederungshilfe oder Altenhilfe. Das Gesetz schafft zudem für Kommunen die Möglichkeit, sich am Auf- und Ausbau der Angebote zur Unterstützung im Pflegealltag auch in Form von Personal- oder Sachmitteln zu beteiligen.

Das Vorhaben ist allerdings bereits heftig unter Beschuss geraten. So fordert der Bundesrat, den Entwurf an "zentralen Stellen" zu verändern. Die geplanten Änderungen und Leistungsausweitungen seien mit erheblichen Mehrausgaben für die Kommunen als Träger der Sozialhilfe verbunden, heißt es in einer Stellungnahme der Länderkammer. Der Bund habe bereits bei dem vorangegangenen zweiten Pflegestärkungsgesetz Entlastungen in der Sozialhilfe behauptet, die weder konkret dargelegt noch nachvollziehbar dargestellt worden seien. Dies werde nun wiederholt. Daher müsse eine Evaluations- und Kostenausgleichsklausel zugunsten der Kommunen in das Gesetz aufgenommen werden.

Der Gesetzentwurf enthalte auch keine eindeutigen Regelungen zur Klärung der Schnittstellen zwischen Leistungen der Pflegeversicherung, Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe für Behinderte. Die vorgesehenen Regelungen verschärften das Schnittstellenproblem, führten zu erheblichen neuen Auslegungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten und seien in der Praxis nicht umsetzbar. Auch das Zeitfenster für die geplante Umsetzung der Regelungen mit Jahresbeginn 2017 sei zu klein. So hätten die Träger der Sozialhilfe keine ausreichende Vorlaufzeit, um die erforderlichen Änderungen in den Verwaltungsabläufen und bei der Qualifizierung der Pflegefachkräfte und des Verwaltungspersonals rechtzeitig vorzunehmen.

Dieser Kritik der Länder schlossen sich die kommunalen Spitzenverbände an. Sie befürchten eine erhebliche Kostenbelastung, die bisher stark unterschätzt werde. Die Annahmen des Bundes hierzu seien nicht überzeugend, es würden deutlich höhere Mehrausgaben in der Sozialhilfe erwartet. Die Vorschläge für eine modellhafte Beratung durch die Kommunen seien zudem überbürokratisiert. Es sei auch nicht akzeptabel, dass ein Gesetz mit so erheblichen finanziellen und administrativen Auswirkungen auf die Kommunen ohne ausreichende Vorbereitungszeit beschlossen werden solle.

Ganz abgelehnt wird die Ausweitung der kommunalen Steuerungs- und Planungskompetenz vom GKV-Spitzenverband. Schon derzeit hätten die Länder, Kommunen, Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen darauf hinzuwirken, eine leistungsfähige, ortsnahe und aufeinander abgestimmte ambulante und stationäre pflegerische Versorgung zu gewährleisten. Es mangele jedoch häufig auf kommunaler Ebene an der konsequenten Umsetzung der Regelungsverantwortung, auch aufgrund fehlender Finanzförderung der Länder. Statt Kompetenzen zu verlagern, sollte das gemeinsame Handeln im Vordergrund stehen. Der Aufbau von Doppelstrukturen und Insellösungen binde unnötig Ressourcen und schaffe Bruchstellen.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband erklärte, die bisherigen Pflegestärkungsgesetze hätten hinsichtlich der nachhaltigen Dynamisierung der Pflegeleistungen keine Fortschritte gebracht. So stiegen die Kosten für Pflege ständig mit der Folge, dass Verbraucher immer mehr aus eigener Tasche bezahlen müssten. Nötig sei vielmehr eine automatisierte Angleichung der Pflegeleistungen an die tatsächliche Kostenentwicklung.

[Red.]

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