Der BGH hob die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung auf. Aus prozessualen Gründen hat er das Verfahren ferner an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Klägerin sollte vor dem Hintergrund des Grundsatzes des Vertrauensschutzes sowie des Anspruchs der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren durch die Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens Gelegenheit gegeben werden, eine – infolge der Änderung der Rechtslage – angepasste Antragsfassung einzureichen.

Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf) hatte zuvor am 16.3.2017 (I-20 U 17/16) über den Sachverhalt entschieden. Hiernach ist mit Wirkung zum 13.10.2017 eine Neufassung u.a. des § 8 Abs. 1 S. 2 Telemediengesetz (TMG) in Kraft getreten.

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 TMG, der die Haftung von Zugangsprovidern (Access-Providern) regelt, sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationswerk übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewertet oder verändert haben. Fehlt eine Verantwortlichkeit des Diensteanbieters nach dieser Norm, kann er nach der Neufassung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf u.a. Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Diese Gesetzesfassung gab es weder zum Zeitpunkt der beanstandeten Handlung, noch zum Zeitpunkt der Abmahnung, noch zu dem des Berufungsurteils.

Da die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch jedoch auf eine Wiederholungsgefahr gestützt hatte, war die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten sowohl zum Zeitpunkt der Vornahme als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist.

 

Hinweis:

Der BGH konnte daher die nach Verkündung des Berufungsurteils (16.3.2017) eingetretene Neufassung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG (13.10.2017) bei seiner Entscheidung nicht unberücksichtigt lassen.

Der BGH stellte eingangs fest, dass sowohl im Zeitpunkt der Abmahnung als auch im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung die Voraussetzungen der Störerhaftung des Beklagten vorgelegen hätten. Infolge der Änderung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG habe sich die Rechtslage jedoch dahingehend geändert, dass der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch seit dem 13.10.2017 dem Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG unterfalle. Hierbei sei unbeachtlich, ob der Anspruch auf die Begehung der Rechtsverletzung über das bereitgestellte WLAN oder über das Unterhalten von sog. Tor-Netzwerken gestützt werde.

Die Bedenken der Klägerin, dass die Anwendung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG gegen Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG (sog. Urheberrechtsrichtlinie) und Art. 11 S. 3 der Richtlinie 2004/48/EG (sog. Rechtsdurchsetzungsrichtlinie) verstoße, teilte der Senat nicht. Die Klägerin hatte insofern die Ansicht vertreten, dass § 8 Abs. 1 S. 2 TMG vor dem Hintergrund dieser europarechtlichen Vorgaben nicht angewendet werden dürfe; dies hätte die Fortgeltung der Grundsätze der Störerhaftung bedeutet. Nach Art. 8 Abs. 3 der Urheberrechtsrichtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Rechtsinhaber gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden (ebenso Art. 11 S. 3 der Rechtsdurchsetzungsrichtlinie im Hinblick auf die Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums).

Der Senat führte aus, dass bei Anwendung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG die – ebenfalls mit Wirkung zum 13.10.2017 eingefügte – Regelung des § 7 Abs. 4 TMG dem Rechtsinhaber ausreichende Schutzmöglichkeiten biete. Diese Norm sieht einen Anspruch auf Sperrung der Nutzung von Informationen vor. Hiernach kann der Inhaber eines Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter i.S.d. § 8 Abs. 3 TMG die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern, sofern (1) ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen wurde, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen, und (2) für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit besteht, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen. Der BGH verwies mit Blick auf die Gesetzesmaterialien darauf, dass die Regelung des § 7 Abs. 4 TMG geschaffen worden sei, um die Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 8 Abs. 3 der Urheberrechtsrichtlinie und Art. 11 S. 3 der Rechtsdurchsetzungsrichtlinie umzusetzen.

Der aus § 7 Abs. 4 TMG resultierende Anspruch auf Sperrung ist nach Ansicht des Senats kein Unterlassungsanspruch, sondern ein Anspruch auf aktives Tun, der auf die Sperre bestimmter Ports am Router oder einer bestimmten Website oder auf Datenmengenbegrenzung gerichtet sein könne. Diensteanbieter i.S.d. § 8 Abs. 3 TMG sind im Übrigen solche, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen (also Betr...

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