(BGH, Urt. v. 30.5.2017 – VI ZR 439/16) • Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist. Die Partei hat zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann. Hat das Erstgericht einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens nicht entsprochen, so muss das Berufungsgericht dem im zweiten Rechtszug wiederholten Antrag stattgeben. Hinweis: Der BGH hatte bereits in seiner Entscheidung vom 21.2.2017 (Az. VI ZR 314/15) klargestellt, dass jeder Prozesspartei gem. §§ 397, 402 ZPO zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs das Recht zustehe, einen Sachverständigen zu seinem schriftlichen Gutachten mündlich zu befragen. Der Tatrichter muss dementsprechend dem von einer Partei rechtzeitig gestellten Antrag, den gerichtlichen Sachverständigen nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens zu dessen mündlicher Verhandlung zu laden, selbst dann stattgeben, wenn die schriftliche Begutachtung aus der Sicht des Gerichts ausreichend und überzeugend ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.1996 – VI ZR 50/96). Dieser Pflicht ist der Tatrichter nur ausnahmsweise dann enthoben, wenn der Antrag auf Anhörung des Sachverständigen verspätet oder rechtsmissbräuchlich gestellt worden ist (s. BGH, Beschl. v. 21.2.2017 – VI ZR 314/15).

ZAP EN-Nr. 37/2018

ZAP F. 1, S. 75–75

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