Das begünstigte Betriebsvermögen wird bei sog. Familiengesellschaften unter besonderen Bedingungen bis zu 30 % reduziert. Liegt man dann unter 26 Mio. Euro, greifen die nachfolgend dargestellten Verschonungsregelungen; wenn nicht s. unten (VI.). Systematisch wird nach der Wertfeststellung des begünstigten Vermögens diese Familiengesellschaftsbegünstigung geprüft.

Zitat

§ 13a Abs. 9 ErbStG

Für begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 2 wird vor Anwendung des Absatzes 1 ein Abschlag gewährt, wenn der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung Bestimmungen enthält, die

  1. die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 Prozent des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns beschränken; Entnahmen zur Begleichung der auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen aus der Gesellschaft entfallenden Steuern vom Einkommen bleiben von der Beschränkung der Entnahme oder Ausschüttung unberücksichtigt und
  2. die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft auf Mitgesellschafter, auf Angehörige im Sinne des § 15 der Abgabenordnung oder auf eine Familienstiftung (§ 1 Absatz 1 Nummer 4) beschränken und
  3. für den Fall des Ausscheidens aus der Gesellschaft eine Abfindung vorsehen, die unter dem gemeinen Wert der Beteiligung an der Personengesellschaft oder des Anteils an der Kapitalgesellschaft liegt,

und die Bestimmungen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Gelten die in Satz 1 genannten Bestimmungen nur für einen Teil des begünstigten Vermögens im Sinne des § 13b Absatz 2, ist der Abschlag nur für diesen Teil des begünstigten Vermögens zu gewähren. Die Höhe des Abschlags entspricht der im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung vorgesehenen prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert (Satz 1 Nummer 3) und darf 30 Prozent nicht übersteigen. Die Voraussetzungen des Satzes 1 müssen zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) vorliegen. Die Steuerbefreiung entfällt mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht über einen Zeitraum von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9) eingehalten werden; die §§ 13c und 28a bleiben unberührt. In den Fällen des Satzes 1

  1. ist der Erwerber verpflichtet, dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt die Änderungen der genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse innerhalb einer Frist von einem Monat anzuzeigen,
  2. endet die Festsetzungsfrist für die Steuer nicht vor dem Ablauf des vierten Jahres, nachdem das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt von der Änderung einer der in Satz 1 genannten Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse Kenntnis erlangt.

Die Regelung wirft vielfältige rechtliche und praktische Fragestellungen auf:

  • Der Vorab-Abschlag auf den Wert des begünstigen Vermögens bei Familiengesellschaften gilt also nicht für Einzelunternehmen.
  • Ein "steuerlicher Gewinn, gekürzt um die auf den Gewinnanteil entfallende Steuer" existiert steuersystematisch gar nicht, da die Personengesellschaft anders als die Kapitalgesellschaft kein Steuersubjekt ist, sondern die dahinter stehenden Gesellschafter (= steuerliche Transparenz der Personengesellschaft). Gemeint sein dürfte also die Summe der einzelnen Individualsteuern der Gesellschafter. Das ist schon nicht einfach festzustellen, da dies die Vorlage der jährlichen Einkommensteuerbescheide aller Gesellschafter erforderlich macht.
  • Eine Entnahmeregelung, die auf den steuerlichen Gewinn, nicht auf den handelsrechtlichen Gewinn abstellt, ist beachtlich. Bisherige Entnahmeregelungen sind daher zu überarbeiten. Sie müssen aber zwei Jahre vor der Übertragung bereits bestehen, damit es zu der Anwendung des § 13a Abs. 9 ErbStG überhaupt kommt. Diese Entnahmebegrenzung ist wirklichkeitsfremd, wenn man sich gegenwärtige Entnahmeregelungen ansieht. Zudem steht die Quote von 37,5 % einer sich jährlich ändernden Individualsteuerbelastung der Gesellschafter gegenüber (s. auch Riedel ZErb 2016, 371, 373).
  • Verfügungen über Gesellschaftsbeteiligungen sind nur an Mitgesellschafter, Angehörige nach § 15 AO oder Familienstiftungen zulässig. Ob dies dann auch für Nießbrauchsübertragungen, Treuhandverfügungen oder sogar für Verpfändungen gilt, lässt sich nicht direkt aus der Regelung entnehmen. Auch die Verfügung über Unterbeteiligungen ist nicht geregelt. Vorsichtigerweise sollten diese Gestaltungen dem Begriff der "Verfügung" i.S.d. § 13a Abs. 9 ErbStG zugeordnet werden. Die Anwendung dieser Regelung ist völlig unklar, wenn es dann die genannten "Verfügungen" gibt, aber überhaupt keine Gesellschaftsanteile übertragen werden.
  • Die Abfindungsbeschränkung muss in den Gesellschaftsverträgen angepasst werden (s. auch Thonemann-Micker DB 2016, 2312, 2314 f.).
  • Alle Voraussetzungen nach § 13a Abs. 9 S. 1 Nr. 1–3 ErbStG müssen 20 Jahre nach der Übertragung noch immer erfüllt sein, da sonst der Wer...

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