Das Umgangsrecht kann nur eingeschränkt werden, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist (§ 1684 Abs. 4 S. 1 BGB). Im Hinblick auf die Bedeutung des elterlichen Grundrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG ist eine Versagung des Umgangs nur dann zulässig, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre und dem durch andere Maßnahmen zur Regelung des Umgangs nicht wirksam begegnet werden kann (BVerfG FamRZ 2006, 1005; 2007, 105; OLG Frankfurt FamRZ 2015, 1730).

 

Hinweis:

Zu prüfen ist immer, ob zur Vermeidung eines gänzlichen Ausschlusses nicht ein begleiteter Umgang in Betracht kommt (OLG Frankfurt FamRZ 2015, 1730; OLG Hamm FamFR 2011, 474 unter Hinweis auf BVerfG FamRZ 2010, 1622) und andere Regelungen, die weniger stark in das Grundrecht eingreifen, nicht möglich sind (OLG Celle FamRZ 2008, 1369; Palandt/Götz, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1684 Rn 36).

Der Bedeutung des Elternrechts und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann regelmäßig dadurch Rechnung getragen werden, dass die Zeit des Umgangsausschlusses zeitlich begrenzt wird. Dies scheidet aus, wenn schon die zeitliche Begrenzung und die in Aussicht gestellte Überprüfung des Ausschlusses eine das Kindeswohl gefährdende Belastung für das Kind darstellt. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das Kind den Umgangsausschluss bis zur Volljährigkeit begehrt und einen Reifegrad erreicht hat, dass sein Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 S. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG einer Missachtung dieses Willens entgegen steht (KG ZKJ 2015, 235).

Ein Ausschluss auf längere Zeit kann nur erfolgen, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB; EuGHMR FamRZ 2004, 1456; FamRZ 2001, 341; BVerfG FamRZ 2005, 1057; FamRZ 2004, 1166; OLG Köln FamRZ 2009, 1422; KG FamRZ 2002, 1163; OLG Saarbrücken FamRZ 2002, 369; OLG Düsseldorf FamRZ 2002, 512; speziell zum Vorwurf sexuellen Missbrauchs OLG München FamRZ 1999, 674).

Der vollständige Ausschluss des Umgangs eines Elternteils mit seinem Kind kann nach § 1684 Abs. 4 BGB gerechtfertigt sein, wenn das Kind den Umgang mit dem Elternteil vehement ablehnt und anzunehmen ist, dass eine Missachtung dieses Willens das Wohl des Kindes gefährdet. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Kind das 12. Lebensjahr überschritten hat und angenommen werden kann, dass der geäußerte Wille seinen tatsächlichen Bindungen entspricht. Eine solche Entscheidung muss nachvollziehbar begründet werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (BVerfG FamRZ 2015, 1093 = FF 2015, 312). Droht ein Ausschluss (auch nur ein teilweiser Ausschluss im Sinne einer "wesentlichen Beschränkung") des Umgangsrechts, ist gem. § 158 Abs. 2 Nr. 5 FamFG i.d.R. ein Verfahrensbeistand zu bestellen.

In der Praxis will ein Elternteil aus folgenden Gründen einen völligen Umgangsausschluss errreichen:

  • Die Eltern sind sehr zerstrittenen. Jeder Umgangskontakt lässt den Streit eskalieren.
  • Unter die gescheiterte Beziehung mit dem anderen Elternteil möchte man einen völligen Schlussstrich ziehen.
  • Oft ist bereits eine neue Partnerschaft begonnen worden, in das auch das Kind integriert ist.
  • Man empfindet folglich jeden Kontakt zum anderen Elternteil als Störung oder Belästigung und bezieht die Kinder in diese Zwistigkeiten ein.
  • Das Umgangsrecht wird dazu genutzt, "alte Rechnungen" zu begleichen und dem Partner noch einmal "etwas auszuwischen".
 

Praxishinweise:

  • Machen Sie auch als beratender Anwalt beiden Eltern sehr schnell nachhaltig deutlich, dass ein – auch nur zeitweiser – Ausschluss des Umgangsrechts in aller Regel keine Aussicht auf Erfolg hat.
  • Ziel aller Beteiligten – auch der beteiligten Anwälte – sollte die Beruhigung der Situation und der Abbau von Streitigkeiten sein, nicht das Anheizen von Konflikten. Weisen Sie Ihre Mandantschaft deutlich auf die Rechtslage hin.
  • Auch ein vorübergehender Ausschluss des Umgangsrechts löst selten die Probleme. Je länger die Unterbrechung der Kontakte dauert, desto schwerer lassen sie sich danach wieder einleiten.

Ein vollständiger unbefristeter Ausschluss des Umgangsrechts kommt daher nur in absoluten Ausnahmefällen, wie z.B. stattgefundenen Gewalttaten gegen das Kind, in Betracht.

 

Beispiele:

  • Eine pädophile Neigung ohne behandlungsbedürftige Störung alleine gefährdet das Kindeswohl nicht und rechtfertigt keine Einschränkung des Umgangsrechts (BVerfG FamRZ 2008, 494; OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1685).
  • Eine Umgangsregelung, die weder Übernachtungen noch Ferienaufenthalte eines dreijährigen Kindes bei einem ca. 550 km entfernt wohnenden Elternteil vorsieht, verstößt gegen Art. 6 GG (BVerfGE FamRZ 2005, 871).
  • Ein Umgangsausschluss für die Ferienzeit verstößt gegen Art. 6 GG, wenn keine hinreichende Begründung gegeben wird.
  • Ohne sachverständige Beratung und ohne Auseinandersetzung mit der Möglichkeit der Durchführung begleiteter Umgangskontakte kann ein Umgangsausschluss nicht ausgesprochen werden (BVerfG, Beschl. v. 23.1.2008 – 1 BvR 2911/07, FuR 2008, 338).
  • Hat die Mutter begründete Angst vor einer (erneuten) Entführung ...

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