§§ 312b und 312c BGB enthalten die Regelungen über die "besonderen Vertriebsformen". Anstelle der früheren "Haustürgeschäfte" sind in § 312b BGB die (weitergehenden) "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge" geregelt (mit der Legaldefinition dieser Verträge in dessen Abs. 1); in § 312c BGB finden sich die "Fernabsatzverträge" (sowie die Legaldefinition der "Fernkommunikationsmittel" in dessen Abs. 2). Damit ist der Begriff der "Freizeitveranstaltung" (i.S.v. § 312 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F.) obsolet; vielmehr kommt es auf die gleichzeitige Anwesenheit von Verbraucher (§ 13 BGB) und Unternehmer (§ 14 BGB) außerhalb seiner Geschäftsräume an. Irrelevant ist dabei auch die Ursächlichkeit der "Haustürsituation" für den Vertragsschluss, wenngleich die damit verbundene "Überrumpelungsgefahr" zumindest als (für die Auslegung wichtige) gesetzgeberische Intention weiterhin beachtlich ist (vgl. Erwägungsgrund Nr. 21 VRRL sowie BT-Drucks. 17/12637, S. 49). Dementsprechend wird bereits angeraten, den Begriff des "Haustürgeschäfts" künftig ganz zu vermeiden (so Brönneke/Schmidt VuR 2014, 3 ff., 7).

§ 312d BGB (i.V.m. Art. 246 EGBGB) enthält die Informationsverpflichtungen des Unternehmers bei den Verträgen nach § 312b und § 312c BGB, wobei prima vista die Differenzierung zwischen Abs. 1 (zu Fernabsatzverträgen) und Abs. 2 (zu Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen) der Norm auffällt. Der Gesetzgeber intendiert mit der weitgehenden Erstreckung der Regelungen über Informationspflichten auf die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Regelungen über Finanzdienstleistungen eine Regelungslücke der europäischen Richtlinienvorgaben zu schließen, s. § 312d Abs. 2 BGB (sowie Art. 246b EGBGB, s. dazu krit. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., Art. 246b § 1 EGBGB, Rn. 1).

Eine Verbesserung des Verbraucherschutzes besteht mit der Bestimmung des § 312d Abs. 1 S. 2 BGB (in Umsetzung von Art. 6 Abs. 5 VRRL), wonach die "in Erfüllung" der Informationspflicht gemachten Angaben Vertragsinhalt werden (abweichend von Tonner VuR 2013, 443 ff., 445, der auf die "zu erteilenden Informationen" abstellt), soweit (explizit) nichts Abweichendes vereinbart wird.

 

Hinweis:

Das bedeutet für die Praxis des Direktvertriebs Folgendes (s. dazu BT-Drucks. 17/12637, S. 54): Wenn der Unternehmer dem Verbraucher nach erfolgter Information AGB übersendet, die davon abweichende Angaben enthalten, werden die ursprünglichen Angaben nur dann modifiziert, wenn der Verbraucher dem explizit zugestimmt hat; ein konkludentes Handeln oder Schweigen des Verbrauchers auf die Zusendung abweichender AGB ist hierfür nicht ausreichend. Sollten die gemeinsam mit den ursprünglichen Informationen versendeten AGB von jenen abweichen, verhält sich der Unternehmer widersprüchlich, so dass er sich (so der Gesetzgeber, s. BT-Drucks. 17/12637, S. 54) nicht auf die von der Information abweichende Bestimmung in den AGB berufen können soll, § 242 BGB.

Dies ist insoweit zivilrechtsdogmatisch bemerkenswert, als der Gesetzgeber damit Vertragsinhalte fingiert, auf die es nach dem Konsens der Parteien deswegen nicht ankommt, da der Gesetzgeber die Informationsdefizite auf Verbraucherseite ja gerade durch Informationspflichten (und daran geknüpfte Sanktionen) ausgleichen will (Kramme NJW 2015, 279 ff., spricht daher von einer "dritten Kategorie zur Bestimmung des Vertragsinhalts" neben AGB und Individualabreden). Zwar ist dieses Instrument im Verbraucherschutzrecht seit der Pauschalreiserichtlinie (Richtlinie 90/314/EWG v. 13.06.1990, ABl. Nr. L 158, S. 59 ff.) bekannt (vgl. Art. 3 a.E. Richtlinie 90/314/EWG sowie § 4 Abs. 2 S. 1 BGB-InfoVO), jedoch ist dessen BGB-Implementierung ein neuer Schritt hin zu einem Verbrauchervertragsrecht im BGB, wenngleich durch das Umsetzungsgesetz noch keine Verallgemeinerung vollzogen wurde (Geltung nur im Anwendungsbereich von § 312d Abs. 1 BGB, vgl. Tonner VuR 2013, 443 ff., 445).

Die Regelung des § 312e BGB enthält die Sanktion einer Verletzung der Informationspflicht des Unternehmers über Fracht-, Liefer- und Versandkosten gem. § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EGBGB: Danach muss der Verbraucher diese nicht zahlen, wenn der Unternehmer nicht ordnungsgemäß hierüber informiert hat.

§ 312f BGB enthält Regelungen über die Zurverfügungstellung von Abschriften und Bestätigungen an den Verbraucher, wobei zwischen Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden (Abs. 1), Fernabsatzverträgen i.S.v. § 312c Abs. 1 BGB (Abs. 2) und Verträgen über die Lieferung digitaler Inhalte (Abs. 3) differenziert wird.

 

Hinweis:

Ausdrücklich ausgenommen sind dabei Verträge über Finanzdienstleistungen (§ 312f Abs. 4 BGB).

Die Textform (vgl. § 126b BGB) für die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen mit einem Verbraucher bestimmt § 312h BGB ("Kündigung und Vollmacht zur Kündigung") als Neuregelung im Schuldrecht des BGB.

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