Die lange umstrittene Frage nach dem Einsichtsrecht in die Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgeräts darf als geklärt angesehen werden. Weitere Einsichtsrechte beschäftigen indessen die Gerichte. Der Verteidiger hat ein Einsichtsrecht auch in eine komplette Messreihe, also Messfilm oder Messdatei, wobei dem auch datenschutzrechliche Belange abgebildeter Dritter nicht entgegenstehen sollen (AG Königs Wusterhausen VRR 7/2015, 16 [Burhoff]). Das AG Cottbus hatte insofern zutreffend eine Unkenntlichmachung Dritter verlangt (StraFo 2012, 409).

Mit den Folgen der Ablehnung der Einsichtnahme in die Messdatei hat sich das OLG Oldenburg befasst (DAR 2015, 406 m. Anm. Deutscher = StRR 2015, 274/VRR 7/13 [jew. Burhoff]): Hat der Betroffene vorprozessual mehrfach vergeblich bei der Bußgeldbehörde beantragt, ihm die Messdatei zugänglich zu machen ist das rechtliche Gehör des Betroffenen verletzt. Es ist rechtsfehlerhaft, wenn das AG dann trotz mehrfachen Antrags, die Messdatei zur Verfügung zu stellen, dennoch den Hauptverhandlungstermin durchführt, ohne dem Betroffenen die Messdatei zugänglich zu machen. Die Ablehnung des Antrags ohne jede Begründung, aus welchem Grund der Verteidigung die Messdatei betreffend den konkreten Vorgang nicht zugänglich gemacht wurde, ist schlechthin nicht nachvollziehbar und daher willkürlich.

 

Praxishinweis:

In der Praxis sollte der Verteidiger trotz dieser begrüßenswerten Entscheidung in solchen Fällen schon zur Sicherheit frühzeitig Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG gegen die Ablehnung durch die Bußgeldbehörde stellen, um im Rahmen der Rechtsbeschwerde dem Argument nicht hinreichender Bemühungen um die Einsichtnahme entgegenzuwirken (vgl. OLG Celle NZV 2013, 307 = DAR 2013, 283 = VRR 2013, 192 [Deutscher]).

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