I. Einleitung

Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales konzipierte Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17.8.2017 (BGBl I, S. 3214) ist eine wesentliche Weichenstellung für eine künftige Neuausrichtung der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland. Das neue Konzept basiert im Wesentlichen auf zwei Eckpfeilern: Einerseits dem sog. Sozialpartnermodell, mit dem auf tarifvertraglicher Ebene die echte Beitragszusage eingeführt wird, und andererseits einem steuerlichen Förderkonzept, mit dem insbesondere bei Geringverdienern und in kleinen mittelständischen Unternehmen (KMU) die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung angeregt werden soll. Daneben werden sich aber auch im geltenden Betriebsrentenrecht einige Änderungen ergeben. Dies betrifft vor allem die Entgeltumwandlung und den insoweit neu integrierten Arbeitgeberzuschuss.

 

Hinweis:

Das Gesetz tritt zum 1.1.2018 in Kraft.

II. Betriebliche Altersversorgung und Tarifvertrag

Die besondere Bedeutung tarifvertraglich normierter betrieblicher Versorgungssysteme wird künftig dadurch herausgestellt, dass hierfür mit den §§ 19 ff. BetrAVG ein neuer, eigener Abschnitt "Betriebliche Altersversorgung und Tarifvertrag" eingeführt wird, in den die bislang in § 17 Abs. 3 BetrAVG (Tariföffnungsklausel/tarifdispositive Regelungen des BetrAVG) und in § 17 Abs. 5 BetrAVG (Entgeltumwandlung und Tariflohn) überführt und die neuen Möglichkeiten "Optionssysteme" und "Sozialpartnermodell" geregelt werden.

1. Sozialpartnermodell

Arbeitgeber sollen in Zukunft die Möglichkeit haben, eine betriebliche Altersversorgung ohne eigene Subsidiärhaftung und damit ohne einen entsprechenden Verschaffungsanspruch der Mitarbeiter anzubieten. Diese sog. Beitragszusage, bei der die Verpflichtung des Arbeitgebers allein in der Beitragszahlung besteht ("pay and forget"), ist allerdings nur möglich, sofern ihr eine tarifvertragliche Regelung zugrunde liegt und sie über einen externen Versorgungsträger wie Pensionskasse, Direktversicherung oder Pensionsfonds umgesetzt wird. Unmittelbare Pensionszusagen und Unterstützungskassen profitieren somit von dieser Neuregelung nicht.

Eine bestimmte Versorgungsleistung wird vom Arbeitgeber in diesem Modell nicht zugesagt und darf auch vom Versorgungsträger nicht zugesagt werden, sprich: Garantien – auch eine Mindestleistungsgarantie – sind in diesem Modell gesetzlich verboten. Operiert wird mit einer sog. Zielrente, die allerdings unverbindlich ist und damit volatil sein kann. Die tatsächlich fällig werdende Versorgungsleistung und deren spätere Entwicklung sind allein von der Vermögens- und Ertragslage bzw. -entwicklung der Versorgungseinrichtung (Volatilität in Abhängigkeit vom Kapitalanlageerfolg) abhängig. Damit sind künftig theoretisch im Zeitablauf auch sinkende Rentenzahlungen denkbar. Faktisch wird damit eine betrieblich organisierte private Altersvorsorge ohne jegliche Garantie und ohne Arbeitgeberhaftung auf den Weg gebracht.

Die lediglich in Aussicht gestellten Versorgungsleistungen müssen als laufende Renten erbracht werden (die Abfindung von Kleinstbeträgen ist zulässig). Für die Anwartschaften ist eine sofortige gesetzliche Unverfallbarkeit ebenso vorgesehen wie die Fortführung mit eigenen Beiträgen bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen und die Portierung auf das Sozialpartnermodell eines anderen Tarifvertrags.

Im Fall der Entgeltumwandlung für eine reine Beitragszusage muss der Tarifvertrag zwingend vorsehen, dass der Arbeitgeber mindestens 15 % des wegen Entgeltumwandlung sozialversicherungsfreien Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an die Versorgungseinrichtung weiterleitet, soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart.

Da die reine Beitragszusage ohne jegliche Haftung des Arbeitgebers oder des Versorgungsträgers für Anwartschaften oder Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auskommt, soll im Tarifvertrag ein zusätzlicher Beitrag des Arbeitgebers festgelegt werden, der nicht unmittelbar dem einzelnen Arbeitnehmer direkt gutgeschrieben oder zugerechnet wird ("Sicherungsbeitrag"), sondern als eine Art Schwankungsreserve zum Ausgleich volatiler Kapitalanlageergebnisse und damit zur Sicherung der avisierten Zielrente sowie der nach Eintritt des Versorgungsfalls aus dem dann vorhandenen Versorgungskapital zu zahlenden Rente herangezogen werden kann.

 

Hinweis:

Die aus der Kapitalanlage bedingte Volatilität betrifft somit sowohl die Anwartschafts-, als auch die Rentenbezugsphase. Ein Absinken der gezahlten Betriebsrente ist somit künftig nicht mehr ausgeschlossen.

Zur Durchführung der reinen Beitragszusage können die Tarifparteien gemeinsame Einrichtungen (§ 4 TVG) nutzen bzw. errichten; sie können sich auch externer Versorgungsträger bedienen und mit der Durchführung beauftragen. In diesem Fall müssen sie im Aufsichtsrat der durchführenden Versorgungseinrichtung vertreten sein oder durch eine Vertretung in spezifischen Gremien der Versorgungseinrichtung (z.B. Kapitalanlageausschuss) hinreichende Einflussmöglichkeiten auf das Betriebsrentensystem haben bzw. dieses mit ...

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