Ob der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt hat (und deshalb von der Bundesagentur eine Sperrzeit festgestellt worden ist), ist vom angerufenen Sozialgericht zu klären.

Sofern ein arbeitsgerichtliches Verfahren stattgefunden hat oder stattfindet, dürfen die Parteien in diesem Verfahren keine Vereinbarungen treffen, die zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen. Hierzu haben sie keine Dispositionsbefugnis.

Viele Kündigungsschutzprozesse werden durch einen Vergleich erledigt. Um sich erfolgreich gegen eine Sperrzeit wehren zu können, sollte der Arbeitnehmer oder sein Bevollmächtigter den Richter veranlassen, auch bei gütlicher Erledigung des Verfahrens im Terminsprotokoll festzuhalten, worin dieser das Fehlverhalten des Arbeitnehmers gesehen oder ein wichtiger Grund vorgelegen hat, das Arbeitsverhältnis nicht fortzusetzen.

 

Beispiel:

Der Arbeitgeber kündigt einem Arbeitnehmer, weil dieser ihn bei der Arbeit beleidigt habe. Im Kündigungsprozess verständigen sich die Vertragsparteien darauf, das Verhalten des Arbeitnehmers nicht als Beleidigung zu werten. Das Arbeitsverhältnis wird durch Vergleich gegen Zahlung einer Abfindung zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist beendet.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Verhängung einer Sperrfrist nach § 159 Abs. 1 SGB III gerechtfertigt war.

Das Sozialgericht hat in eigener Kompetenz nach § 103 SGG den Sachverhalt aufzuklären und ggf. Beweis zu erheben, ob ein wichtiger Grund vorgelegen hat, der den Arbeitnehmer ermächtigte, das Arbeitsverhältnis nicht fortzusetzen. Zu diesem Zweck empfiehlt sich, die Akten des Arbeitsgerichts beizuziehen und festzustellen, ob in diesen Akten verwertbare Hinweise in dieser Richtung enthalten sind. So kann in manchen Fällen die Erforschung des Sachverhalts, die dem Vorsitzenden obliegt, erleichtert werden.

Als weiteres Beweismittel käme die Vernehmung des Arbeitgebers als Zeuge in Betracht. Hier ist lediglich anzumerken, dass der frühere Arbeitgeber und Kläger des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht "befangen" und am Ausgang des Verfahrens interessiert ist. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber bereit war, das Verhalten des Klägers nicht (mehr) als Beleidigung zu werten, könnte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass er den Prozess vor dem Arbeitsgericht möglichst schnell beenden wollte.

 

Hinweis:

Wenn der Sachverhalt vom Arbeitsgericht nicht genügend aufgeklärt worden ist, muss das Sozialgericht in Sperrzeitfällen diese Prüfung nachholen. Die Verwertung der arbeitsgerichtlichen Akten in der erörterten Weise kann dazu beitragen, die dem Vorsitzenden obliegende Pflicht, den Sachverhalt nach § 103 SGG zu erforschen, zu erleichtern.

Auf die zahlreichen weiteren möglichen Wechselbeziehungen zwischen dem Sozialrecht und anderen Rechtsgebieten (zum Steuerrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht, Gesellschaftsrecht pp.) kann nur hingewiesen werden. Das Sozialrecht ist kein geschlossenes, "abgeschottetes" Rechtsgebiet. Es nimmt allein oder mit Partnern die ihr zugewiesenen Aufgaben wahr.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge