Auch haben sich die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sehr häufig mit der Frage, ob die Betätigung eines Betroffenen als Beschäftigung anzusehen ist, zu befassen. Bei einer abhängigen Tätigkeit besteht Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Ob eine solche abhängige Beschäftigung anzunehmen ist, beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB VI. Diese Vorschrift definiert die Beschäftigung als eine "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis". Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Abgrenzung Beschäftigung – Selbstständigkeit

Für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit kommt es vor allem auf eine sorgfältige Klärung der tatsächlichen Verhältnisse an. Sie ist Voraussetzung für eine zutreffende Beurteilung des Einzelfalls (s. hierzu das ausführlich begründete Urteil des BSG v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R = BSGE 111, 257 ff.). Beurteilungsmaßstab für die Annahme einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV: "Beschäftigung ist nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis". Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftige in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (statt vieler: BSGE 78, 34 ff.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit s. BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Nachdem der Vorsitzende, soweit erforderlich, den Sachverhalt gem. § 103 SGG aufgeklärt hat, muss er das Gesamtbild der Arbeitsleistung des Betroffenen würdigen und feststellen, welche Merkmale überwiegen. Dabei kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (BSGE 111, 260).

Ob eine Beschäftigung anzunehmen ist, muss das Gericht nach § 103 SGG von Amts wegen erforschen. Die tatsächlichen Verhältnisse geben den Ausschlag, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSGE 111, 260). Der Kläger des Verfahrens (BSGE 111, 257 ff.) hatte keine Möglichkeit, wie ein beherrschender oder mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen stets abzuwehren. Zu diesem Ergebnis kam das BSG im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Überprüfung des Falls.

 

Hinweis:

Es hätte nahegelegen, sich hier auch mit dem Problem einer Befreiung von der Versicherungspflicht sog. Syndikusanwälte auseinanderzusetzen. Im Hinblick auf die Anfang des Jahres in Kraft getretene Neuregelung und die Vielzahl der zu diesem Thema geäußerten Stellungnahmen wird davon abgesehen.

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