In dem der Entscheidung des OLG Hamm (a.a.O.) zugrunde liegenden Fall wurde der erheblich und einschlägig vorbelastete Angeklagte erst- und zweitinstanzlich wegen Erschleichens von Leistungen (§ 265a StGB) in vier Fällen (Schäden 6,50 EUR bis 10,50 EUR) bei Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, die Einzelstrafen betrugen jeweils drei Monate.

Das OLG hat das nicht beanstandet. Weder das Übermaßverbot noch das Gebot schuldangemessenen Strafens schließe die Verhängung von Freiheitsstrafen, auch über das gesetzliche Mindestmaß hinausgehend, bei Bagatelldelikten bzw. Straftaten mit nur geringem Schaden aus. Aus dem Gebot schuldangemessenen Strafens ergebe sich auch nicht, dass die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nach § 47 StGB erst ab einer bestimmten Schadenshöhe in Betracht komme. Ob bei Bagatelldelikten bis zu einer bestimmten Schadensgrenze die Verhängung einer die gesetzliche Mindeststrafe übersteigenden Freiheitsstrafe schuldangemessen ist, entscheide sich vielmehr nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls. Bei deren Beurteilung dürfe nicht einseitig auf die Schadenshöhe abgestellt werden, vielmehr seien für die Verhängung einer Freiheitsstrafe insbesondere vielfache, einschlägige Vorstrafen sowie der Umstand, dass ein Angeklagter sich durch die Verhängung von Geldstrafen nicht nachhaltig beeinflussen lässt, bedeutsam. Zu Recht habe daher die Strafkammer darauf abgestellt, dass der Angeklagte wiederholt einschlägig in Erscheinung getreten ist und sich durch die bislang verhängten, teils hohen Geldstrafen in keiner Weise hat beeindrucken lassen. Zudem war es sogar zwischen den vorliegend abgeurteilten Einzeltaten zu weiteren Verurteilungen gekommen. Dieser Umstand sowie eine hohe Rückfallgeschwindigkeit sprächen für eine verfestigte rechtsfeindliche Einstellung des Angeklagten, der das LG zutreffend mehr Gewicht beigemessen habe als den Schadensbeträgen.

 

Hinweis:

Insbesondere, wenn der Angeklagte mehrfach und einschlägig vorbestraft ist, kommt also auch bei Bagatelldelikten eine das gesetzliche Mindestmaß übersteigende Freiheitsstrafe in Betracht (vgl. auch Hillenbrand StRR 2015, 168). Dem wird man letztlich zustimmen müssen, da es sonst dem Gebot angemessenen Strafens zuwider liefe, wenn sich selbst notorische Straftäter trotz immer neuer einschlägiger Delikte stets darauf verlassen könnten, dass es im Falle der Tataufdeckung bei der Mindeststrafe bleibe (vgl. auch noch OLG Hamm, Urt. v. 21.10.2014 – 1 RVs 82/14, NStZ-RR 2015, 205 = StRR 2015, 111).

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