Im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht der Bank ist eine Entscheidung des LG Stuttgart von Bedeutung, die wesentliche Überlegungen zusammenfasst. Demnach zieht der Anleger dann einen Anlagenberater hinzu, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat. Er erwartet dann eine fachkundige Bewertung und Beurteilung von Tatsachen, im Rahmen einer auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er (durch Provisionszahlung) auch besonders honoriert. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitergehende Pflichten gegenüber dem Anleger.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Bank ihre Aufklärungspflichten verletzt hat. Die Ausgestaltung hänge zwar von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Kläger sei aber in einem lediglich wenige Minuten dauernden Gespräch ein Kurzprospekt überreicht worden, mit der Erklärung, es handele sich um eine sichere Kapitalanlage. Das Gericht war jedoch davon überzeugt, dem Kläger sei das Ausmaß des bestehenden Verlustrisikos bis hin zum Totalverlust nicht aufgezeigt worden (LG Stuttgart, Urt. v. 19.6.2013 – 21 O 442/12).
Hinweis:
Die Bank, die einen Emissionsprospekt nicht so rechtzeitig vor Vertragsschluss überreicht, dass sich der Kunde umfassend informieren kann, auch um ggf. Zweifel zu klären, kann sich nicht darauf berufen, die Beraterin habe auf die Widerrufsfrist hingewiesen und angeboten, sich im Falle auftauchender Fragen an sie zu wenden. Der Mangel der Aufklärungspflicht wird dadurch nicht geheilt (s. LG Frankfurt/M., Urt. v. 5.4.2013 – 2-19 O 61/12).
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht sehen Gerichte auch in verschleiernder Wortwahl, etwa wenn sie Anlageprodukte mit den auslegungsfähigen Begriffen, wie "Wachstum" oder "Chance" versehen, bei denen es sich in Wahrheit um Risikoeinstufungen der Bank handelt. In einem Verfahren gegen die Commerzbank hatte der Kläger bereits nach wenigen Wochen einen fünfstelligen Verlust festgestellt. Dabei sind Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers zu berücksichtigen, die ihm erforderlichenfalls vermittelt werden müssen, um ihn zu einer Entscheidung zu befähigen (OLG Stuttgart, Urt. v. 18.12.2013 – 9 U 52/13, ZIP 2014, 213).
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