Die Anpassung der Rechtsanwaltsgebühren in den letzten 50 Jahren erfolgte in Abständen von zehn und mehr Jahren und stets nach demselben Muster: Sie passte nicht in die politische Landschaft, sie kam zu spät, sie war unzureichend, sie erfolgte am Ende einer Legislaturperiode, die Länderjustizminister machten ihre – erforderliche – Zustimmung von einer Erhöhung der Gerichtskosten abhängig.

Daran hat sich nichts geändert. Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins Ulrich Schellenberg hat bereits 2016 auf dem 67. Deutschen Anwaltstag in Berlin gefordert, dass die Anwaltschaft „nicht wieder 9, 10 oder noch mehr Jahre auf die nächste Anpassung warten“ müsse. Gesetzliche Vergütungssysteme seien erforderlich, brauchten jedoch eine regelmäßige Anpassung, die sich an der jährlichen Entwicklung der Tariflöhne orientieren müsse. 2018 warten wir immer noch auf eine Anpassung.

Die Beratungen im Bundestag über Gebührenerhöhungen und die Verhandlungen mit den Bundesländern sind oft demütigend und herabsetzend, da die Länder Gebührenerhöhungen nur dann akzeptieren, wenn auch eine Erhöhung der Gerichtskosten vorgenommen wird. Das Argument, durch Inflation würden die Streitwerte und damit auch automatisch die anwaltlichen Gebühren steigen, ist ebenso beliebt wie unzutreffend. Bei einem Streitwert von 10.000 EUR beläuft sich eine Anwaltsgebühr auf 558 EUR. Die nächste Gebührenstufe wird erst bei einem Streitwert von 13.000 EUR erreicht, die Gebühr nach diesem Streitwert beläuft sich auf 604 EUR. Eine Gebührenerhöhung tritt somit erst nach einer Steigerung der Lebenskosten um 30 % ein, während sich die Anwaltsgebühr nur um 8 % bzw. 46 EUR erhöht.

Unser Parlament befindet sich nicht nur in der komfortablen Lage, seine eigenen Einkünfte (Diäten) selbst zu bestimmen, mittlerweile haben unsere Bundestagsabgeordneten auch einen Weg gefunden, sich der lästigen und wenig öffentlich wirksamen Diskussion über ihre Einkünfte zu entziehen: Mit großer Mehrheit hat der Bundestag beschlossen, dass die Diäten zum 1. Juli eines jeden Jahres gemäß der Erhöhung des Durchschnittsverdienstes der Bevölkerung angepasst werden. Die Kriterien für die Bestimmung der Diäten sind deckungsgleich mit den Faktoren, nach denen die Rechtsanwaltsgebühren als angemessen anzusehen sind. Mit welchem Argument wollen unsere Parlamentarier der Anwaltschaft diese Regelung vorenthalten, die sie für sich selbst in Anspruch nehmen? Nun wäre es sicherlich nicht praktikabel, die Rechtsanwaltsgebühren jährlich zu erhöhen, vielmehr sollte eine Gebührenanpassung jeweils in Intervallen von drei oder fünf Jahren erfolgen.

Selbst die meisten Rechtsschutzversicherer befürworten eine derartige Regelung, da eine Gebührenanpassung nach mehr als zehn Jahren oft zu einer Steigerung von 10 % oder mehr führt, während geringere und berechenbare Anpassungen in kürzeren Intervallen eine zuverlässige Prämienkalkulation möglich macht.

Eine Reaktion auf die Forderung des Präsidenten des Deutschen Anwaltvereins in Berlin ist bislang nicht erfolgt. Es ist daher zu befürchten, dass erst am Ende dieser Legislaturperiode – wenn überhaupt – eine unzureichende Gebührenanpassung erfolgen wird.

AUtor: Rechtsanwalt Hubert W. van Bühren, Köln

ZAP F., S. 919–919

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