Die Justizminister der unionsgeführten Länder schlagen vor, besser gegen Straftaten im Internet vorzugehen. In ihrer "Kasseler Erklärung" haben sie beschlossen, dass Deutschland eine "digitale Agenda" für das Straf- und Strafprozessrecht benötigt.

Auf Einladung der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann waren am 31. Juli und 1. August die Justizministerinnen und -minister der Länder Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie die Staatssekretärinnen und -sekretäre der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein sowie Baden-Württemberg und des Saarlandes zusammengekommen. Der Termin diente der Abstimmung wichtiger rechtspolitischer Themen der kommenden Jahre.

Da der Einfluss der Digitalisierung auf alle Lebensbereiche weiter wachsen werde, habe dies Auswirkungen auf die Sicherheitsdebatte: Die Verbreitung extremistischer Positionen über die sozialen Netzwerke, Cyberattacken auf Unternehmen und Institutionen, gezielte Angriffe auf kritische Infrastrukturen oder Angriffe auf Wahlen und Abstimmungen im demokratischen Rechtsstaat nähmen rasant zu und gehörten zu den neuen Herausforderungen der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden.

In ihrer "Kasseler Erklärung" listen die Rechtspolitiker deshalb zehn Punkte auf, die in der kommenden Legislaturperiode angegangen werden sollten:

  1. Digitaler Hausfriedensbruch

    Der "digitale Hausfriedensbruch", also der Zugriff von Kriminellen auf PCs und Smartphones müsse konsequenter bekämpft werden. Die Rechnerleistung dieser kompromittierten Geräte werde – oft ohne Wissen der Besitzer – für koordinierte Cyberattacken oder den Versand von Spam-Mails verwendet.

  2. Auskunftspflicht von Postdienstleistern

    Der – nicht selten anonyme und mittels Krypto-Währungen abgewickelte – Handel mit illegalen Waren wie Betäubungsmitteln, Falschgeld oder Waffen über das Darknet habe erheblich zugenommen. Es bedürfe daher einer klaren gesetzlichen Regelung, die es den Strafverfolgungsbehörden ermögliche, von Postdienstleistern Auskünfte auch über noch nicht ein- sowie bereits ausgelieferte Sendungen zu verlangen.

  3. Beleidigungen im Internet

    Beleidigungen, die im Internet begangen werden und die wegen ihrer permanenten Verfügbarkeit und der Schwierigkeit, sie wieder zu beseitigen, die Opfer viel härter und nachhaltiger treffen als in der "realen Welt", müssten konsequent sanktioniert werden. Dies bedeute für bestimmte Fälle auch eine Überprüfung der Strafrahmen für Beleidigungsdelikte im Internet.

  4. Rechtlicher Status von WhatsApp & Co

    Bei neuen Internetangeboten wie WhatsApp, Skype, Facebook & Co. würden zunehmend die Grenzen zu klassischen Telekommunikationsdienstleistungen unklar. Um Rechtssicherheit herzustellen, sei zu klären, welche Sicherheitsstandards des bereichsspezifischen Telekommunikationsrechts zukünftig auf welche neuen Dienste anwendbar seien.

  5. Sicherung von Cloud-Daten

    Derzeit, so die Justizminister, seien Ermittler gesetzlich verpflichtet, auch bei verdeckt geführten Verfahren den Zugriff auf sog. Cloud-Dienste, also ausgelagerte Daten, offenzulegen. Dies beeinträchtige nicht nur größere Strukturermittlungen, sondern auch kleinere Ermittlungsverfahren. Zu begrüßen seien deshalb derzeitige Überlegungen auf EU-Ebene, die Zusammenarbeit mit Diensteanbietern zur Sicherung von Beweismitteln zu stärken.

  6. Kooperation mit privaten Unternehmen

    Unternehmen, die Kommunikationsdienstleistungen im Internet anbieten, sollen ermutigt werden, beim Erkennen strafrechtlich relevanter Inhalte (z.B. Kinderpornografie, Anschlagsplanung, Cyberattacken, Geldwäsche) intensiver mit den Behörden zusammenzuarbeiten.

  7. Sympathiewerbung für Terroristen

    Die im Jahre 2002 abgeschaffte Strafbarkeit der Sympathiewerbung für Terrororganisationen müsse so schnell wie möglich wieder eingeführt werden, fordern die Minister. Es sei schließlich bekannt, dass Gruppen wie der sog. Islamische Staat mit aufwendig produzierten Videos bei Twitter, YouTube oder Facebook versuchten, junge Menschen für ihre Ideologie zu gewinnen.

  8. Austrocknung des ökonomischen Dschihads

    In diesem Zusammenhang soll auch gegen die Mechanismen der Terrorfinanzierung vorgegangen werden. So müsse das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, das am 26.6.2017 in Kraft getreten ist, zügig mit Leben gefüllt werden.

  9. Kriminelle Cyberstrukturen

    Der Betrieb von Underground-Economy-Verkaufsplattformen, über die in zunehmendem Ausmaß inkriminierte Waren und Dienstleistungen jeglicher Art gehandelt werden, könne nach derzeitiger Gesetzeslage zwar als Beihilfe strafbar sein, setze aber im Einzelfall den Nachweis einer strafbaren Haupttat voraus. Es solle deshalb untersucht werden, ob bereits der Betrieb krimineller Cyberinfrastrukturen pönalisiert werden könne.

  10. Internationale Zusammenarbeit

    Nicht zuletzt gelte es, sowohl auf europäischer Ebene (Eurojust, Europol) als auch bei der Kooperation zwischen internationalen, eur...

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