Gemäß § 1666 BGB setzt der Entzug der elterlichen Sorge voraus, dass das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Es muss sich hierbei um eine gegenwärtige Gefahr handeln, die die Schädigung mit ziemlicher Sicherheit vorhersagen lässt (vgl. BVerfG 2015, 112).

Das OLG Köln (FamRZ 2015, 675 = NJW 2015, 416) bejaht eine solche Gefährdung, wenn die Eltern sich beharrlich weigern, ihre schulpflichtigen Kinder der öffentlichen allgemeinen Schule oder einer anerkannten Ersatzschule zuzuführen. Die Einhaltung der Schulpflicht diene nicht allein öffentlichen Interessen, sondern auch dem Kindeswohl, weil dem Kind durch den Schulbesuch das Erlernen bestimmter sozialer Kompetenzen, aber auch der Erwerb formaler Bildungsabschlüsse ermöglicht werde, von dem künftige Lebenschancen abhängen.

Das BVerfG (FamRZ 2015, 208) betont erneut (vgl. BVerfG 2014, 1270), dass eine Trennung des Kindes von seinen Eltern strenger verfassungsgerichtlicher Kontrolle unterliegt und nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen darf.

Das OLG Dresden (FamRZ 2015, 676) ergänzt diesen Grundsatz dahin, dass der Eingriff zielführend sein muss. Eine Trennung von den Eltern zur Durchführung der Beschulung dürfe nur erfolgen, wenn hierdurch nicht eine andere, mindestens ebenso erhebliche Gefährdung herbeigeführt werde.

 

Hinweis:

Ein Verstoß gegen die Schulpflicht rechtfertigt nicht nur Eingriffe in das Sorgerecht der Eltern, sondern ermöglicht dem Landesgesetzgeber auch strafrechtliche Sanktionierung.

Gegenüber einer Heimunterbringung kommt als eine weniger belastende Maßnahme die Unterbringung bei Verwandten in Betracht, wenn sie zur Abwendung der Gefahr für das Kindeswohl ebenso geeignet ist. Nach Auffassung des OLG Hamm (ZAP EN-Nr. 344/2015) ist die Unterbringung bei Verwandten nicht gerechtfertigt, wenn dem Kindeswohl durch Auswahl einer dritten Person besser gedient ist.

Stützt das Gericht die Kindeswohlgefährdung maßgeblich auf die Feststellungen in einem Sachverständigengutachten, müssen diese vom Gericht eigenständig eingeordnet und eingehender rechtlicher Würdigung unterzogen werden (BVerfG 2015, 112 = MDR 2015, 32 = NJW 2015, 223 m. Anm. Zimmermann = FuR 2015, 281 m. Bespr. Soyka).

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