Eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus (vgl. BGH FamRZ 2004, 354).

Unter Anerkennung dieses Grundsatzes hat das OLG Rostock (FamRZ 2015, 339) in einem Einzelfall, in dem zwar zwischen den Eltern aktuell keine optimale tragfähige soziale Beziehung bestand, die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge abgelehnt, weil in einem gewissen Umfang noch eine soziale Basis vorhanden war und weil die Eltern verpflichtet sind, diese weiter auszubauen und es ihnen in der Vergangenheit auch gelungen war, über das Kind betreffende Fragen zu kommunizieren.

Das KG (FamRZ 2015, 765) hebt hervor, dass Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft unabdingbare Voraussetzung für ein elterliches Zusammenwirken in der Wahrnehmung der Verantwortung für die Kinder sind. Sind die Eltern durchgreifend zerstritten, sind bei der Prüfung, wem das Alleinsorgerecht zu übertragen ist, vor allem Erziehungseignung, Bindungen des Kindes, Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie der Kindeswille die im Rahmen des Kindeswohls zu berücksichtigenden Gesichtspunkte.

 

Hinweis:

Die einzelnen Kriterien stehen aber nicht als Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen kann im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht (vgl. BGH FamRZ 2010, 1060).

In allen Sorgerechtsverfahren – auch im Abänderungsverfahren nach § 1696 Abs. 1 BGB – ist der Wille des Kindes zu beachten, soweit dies mit seinem Wohl vereinbar ist (BVerfG 2015, 210). Dem Interesse des Kindes an der Stabilität seiner Lebensverhältnisse ist eine besondere Bedeutung zuzumessen. Der aktuell geäußerte Wille eines sechsjährigen Kindes nach einem Wechsel zum anderen Elternteil kann aber unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität unbeachtlich sein, insbesondere wenn es sich in einem gravierenden Loyalitätskonflikt befindet.

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