a) Keine Bestellung gegen den freien Willen des Betroffenen

Das BVerfG (FamRZ 2015, 565 m. Anm. Schwab = NJW 2015, 1666) betont, dass die Bestellung eines Betreuers gegen den freien Willen des Betroffenen diesen in seinem Grundrecht auf Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt. Der mit einer Betreuung verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit ist schwerwiegend und schränkt je nach Gegenstand und Umfang der erfassten Aufgabenkreise das Grundrecht massiv ein. Nur auf gesetzlicher Grundlage und unter strikte Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips kann der Eingriff zulässig sein. Die Bestellung gegen den Willen des Betroffenen setzt voraus, dass der Betreute tatsächlich seinen Willen nicht frei bestimmen kann. Das Unvermögen zur freien Willensbestimmung kann nicht allein aus der Alkoholabhängigkeit des Betroffenen gefolgert werden. Das Gericht hat zu klären, ob der Betroffene im Grundsatz in der Lage ist, Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung zu erfassen und die für und wider die Bestellung eines Betreuers sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen.

b) Persönliche Anhörung

Gemäß § 278 Abs. 1 S. 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen (vgl. BGH FamRZ 2014,1543).

Hiervon darf unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 S. 1 FamFG nur abgesehen werden, wenn eine Vorführung des Betroffenen unverhältnismäßig ist und das Gericht zuvor sämtliche nicht mit Zwang verbundenen Versuche unternommen hat, um den Betroffenen zu befragen (BGH FamRZ 2015, 485 = NJW 2015, 693).

c) Erforderlichkeit einer Betreuung

Zu § 1896 Abs. 2 BGB hat der BGH (FamRZ 2015, 649 = MDR 2015, 399 = FuR 2015, 283 m. Bespr. Soyka) klargestellt, dass auch im Bereich der Vermögenssorge die Erforderlichkeit der Betreuung nicht allein mit der subjektiven Unfähigkeit des Betreuten, seine diesbezüglichen Angelegenheiten selbst zu regeln, begründet werden kann. Es muss vielmehr aufgrund konkreter tatrichterlicher Feststellungen die gegenwärtige Gefahr begründet sein, dass der Betreute einen Schaden erleidet, wenn man ihm die Erledigung seiner vermögensrechtlichen Angelegenheiten eigenverantwortlich selbst überließe.

Kann der Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung seine Angelegenheiten hinsichtlich des Aufgabenkreises der Gesundheitssorge nicht selbst besorgen, so ist ihm nach einer Entscheidung des BGH (FuR 2015, 107 m. Bespr. Soyka) hierfür grundsätzlich auch dann ein Betreuer zu bestellen, wenn er die notwendige Behandlung ablehnt. Es lasse sich nicht ausschließen, dass ein Betreuer ihn noch von der Notwendigkeit der Behandlung überzeugen könne.

Die Erforderlichkeit einer Betreuung kann im Einzelfall fehlen, wenn der Betroffene jeden Kontakt mit seinem Betreuer verweigert und der Betreuer dadurch handlungsunfähig ist. Bei der Annahme einer solchen Unbetreubarkeit ist jedoch Zurückhaltung geboten (BGH FamRZ 2015, 650 = MDR 2015, 335 = FuR 2015, 284 m. Bespr. Soyka = ZAP EN-Nr. 222/2015).

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