Aufgrund der anhaltend hohen Eingangszahlen in Rechtsstreitigkeiten über Schadensersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen, die den Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei einem Kraftfahrzeug mit Dieselmotor zum Gegenstand haben, und angesichts der Überlastung des damit bislang in erster Linie befassten VI. sowie des VII. Zivilsenats hat der Bundesgerichtshof im Juli beschlossen, mit Wirkung zum 1. August vorübergehend einen VIa. Zivilsenat als Hilfsspruchkörper einzurichten. Diesem ist die Zuständigkeit in sog. Diesel-Sachen für alle ab diesem Zeitpunkt neu eingehenden Verfahren zugewiesen.

Obwohl es bereits zahlreiche wegweisende – auch letztinstanzliche – Entscheidungen zur sog. Diesel-Schummelsoftware gegeben hat, reißt der Strom an Klagen und Gerichtsurteilen nicht ab. Erst jüngst hat der BGH hier wieder zwei bisher höchstrichterlich noch nicht entschiedene Fragen geklärt (vgl. Urt. v. 20.7.2021 – VI ZR 533/20 u. VI ZR 575/20 – Schadensersatz trotz zwischenzeitlichen Weiterverkaufs des Fahrzeugs sowie Urt. v. 21.7.2021 – VIII ZR 254/20 u.a. – Grenzen der Ersatzlieferung bei einem Nachfolgemodell). Doch immer noch scheint es eine Fülle umstrittener, bisher gerichtlich nicht geklärter Fallkonstellationen zu geben. Zudem gibt es immer wieder Initiativen von Seiten der Verbraucherschützer, zuletzt wieder im Juli vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der eine weitere Musterfeststellungsklage gegen den Fahrzeughersteller Daimler angekündigt hat.

Eine der Schwierigkeiten ist, dass die beklagten Hersteller nach Möglichkeit versuchen, höchstrichterliche Grundsatzentscheidungen zu verhindern bzw. zu verzögern. Aus diesem Grund hat die jüngste Justizministerkonferenz u.a. beschlossen, die Einführung eines neuen Vorlageverfahrens zum BGH zu prüfen, um dieser Taktik einen Riegel vorzuschieben (vgl. Anwaltsmagazin ZAP 2021, S. 679). Nach wie vor sind dort aber verschiedene Senate für die Verfahren aus dem Diesel-Skandal zuständig, was die Herbeiführung von Grundsatzentscheidungen mit Präzedenzwirkung erschwert.

Die Zuständigkeit für die Einrichtung eines Hilfsspruchkörpers als Sonderform einer Vertretungsregelung zur Bewältigung einer vorübergehenden Überlastung liegt beim Präsidium des BGH (§ 21e Abs. 3 GVG). Anders als die Einrichtung eines ganz neuen Senats (wie etwa zuletzt mit dem XIII. Zivilsenat und dem 6. Strafsenat geschehen, vgl. dazu Anwaltsmagazin ZAP 2019, S. 945 sowie ZAP 2020, S. 286) kann das Karlsruher Gericht dies in eigener Hoheit beschließen, ohne dass hierfür extra das Bundesjustizministerium eingebunden werden müsste. Die Richter dieses Spezialsenats könnten dann weiterhin einen Teil ihrer Arbeitszeit in ihrem bisherigen Senat verbringen, die meiste Zeit würden sie allerdings ihrer neuen Tätigkeit widmen müssen.

Für sie dürfte dies allerdings eine echte Doppelbelastung darstellen. Sie müssten schließlich zusehen, dass sie fachlich nicht den Anschluss an ihre bisherige Rechtsmaterie verlieren, denn absehbar endet die Dieselproblematik irgendwann – vermutlich eher früher als später. In der Fachpresse ist denn auch bereits die Vermutung geäußert worden, dass sich die Attraktivität des neuen Diesel-Hilfssenats bei den Karlsruher Richtern/Richterinnen in engen Grenzen halten dürfte.

[Red.]

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