In der Praxis häufig(er) sind die Fälle, dass im Urteil Erkenntnisse verwendet werden, die nach dem Protokoll der Hauptverhandlung nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren. Dann liegt ein Verstoß gegen § 261 StPO vor, der mit der Verfahrensrüge in der Form der sog. Inbegriffsrüge geltend zu machen ist (s. auch oben III. 1.). Für die gelten dann die besonderen Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Die Hürden liegen also hoch und der Verteidiger muss sehen, dass man sie überwindet.

Was vorzutragen ist, zeigt an einem Beispiel aus dem straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren u.a. sehr schön der OLG Hamm (Beschl. v. 15.4.2016 – 2 RBs 61/16). Da hatte der Betroffene geltend macht, dass u.a. das Messprotokoll von einer Geschwindigkeitsmessung nicht prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt, jedoch der Verurteilung zugrunde gelegt worden sei. Das OLG führt zu den Anforderungen an die insoweit erhobene Inbegriffsrüge aus: Es müssen, um die Zulässigkeit der Rüge zu begründen, die den Mangel enthaltenen Tatsachen so genau bezeichnet und vollständig angegeben werden, dass das Rechtsmittelgericht schon anhand der Rechtsmittelschrift ohne Rückgriff auf die Akte prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, falls die behaupteten Tatsachen zutreffen (vgl. für die Rechtsbeschwerde Seitz in: Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rn 27 d m.w.N.; zur Revision Junker in: Burhoff/Kotz (Hrsg.) Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, 2. Aufl. 2016, Rn 2411 ff. m.w.N.). Zur ordnungsgemäßen Begründung gehört im Übrigen auch der Vortrag, dass der Inhalt der Urkunde auch nicht anderweitig, insbesondere durch Vorhalt oder durch Vernehmung eines Zeugen, in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist.

 

Hinweis:

Gerade zu dem letzten Umstand wird häufig nicht vorgetragen, was dann zum Misserfolg der Rüge führt (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 10.7.2013 – 1 StR 532/12; Urt. v. 12.5.2016 – 4 StR 569/15; KG, Beschl. v. 8.1.2016 – 3 Ws (B) 650/15).

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