Ein weiterer Referentenwurf betrifft den "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendgerichtsgesetzes und der Strafprozessordnung" (s. ZAP Anwaltsmagazin 14/2016, S. 721). Er enthält u.a. die lange erwartete Umgestaltung des § 81a Abs. 1 StPO, Stichwort: Richtervorbehalt bei der Blutentnahme. Angefügt werden soll ein Satz 2: "Die Anordnung der Entnahme einer Blutprobe steht abweichend von Satz 1 der Staatsanwaltschaft, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch ihren Ermittlungspersonen zu, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Tat vorliegen, die der Beschuldigte bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat." Mit dieser Einfügung in § 81a Abs. 2 StPO wird eine Ausnahme vom bisherigen Richtervorbehalt, der für sämtliche körperlichen Untersuchungen des Betroffenen i.S.d. § 81a Abs. 1 StPO gilt, geregelt. Einer richterlichen Anordnung für die Entnahme einer Blutprobe nach § 81a Abs. 1 S. 2 StPO bedarf es danach nicht mehr, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Begehung einer rechtswidrigen Tat vorliegen, die der Beschuldigte entweder bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat und der Untersuchungserfolg durch Verzögerung gefährdet ist. Die Voraussetzungen der drei Varianten des Verkehrsbezugs entsprechen denjenigen, die in § 44 StGB zur Beschreibung des Kreises der Anlassdelikte für die Verhängung eines Fahrverbots derzeit verwendet werden (vgl. statt aller Fischer, StGB, 63. Aufl. 2016, § 44 Rn 6 ff.), und denjenigen, die in § 69 StGB der Verhängung der Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis zugrunde liegen (Fischer, a.a.O., § 69 Rn 9 ff.). Von der Regelung erfasst werden daher in erster Linie die Straßenverkehrsdelikte nach den §§ 315c, 316 StGB aber auch das unerlaubte Entfernen vom Unfallort gem. § 142 StGB sowie etwaige im Zusammenhang mit dem Unfall stehende Delikte.

Die Neuregelung überträgt die Anordnungsbefugnis vom Gericht auf die Staatsanwaltschaft (StA). Ihr steht die Anordnung der Entnahme der Blutprobe vorrangig zu, die Polizeibehörden als Ermittlungspersonen der StA sind nur bei einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch Verzögerung berechtigt, die Maßnahme selbst anzuordnen. Der Entwurf geht in der Begründung davon aus, dass mit der ausdrücklichen Aufnahme des "Staatsanwaltsvorbehalts" in die StPO die Sachleitungsbefugnis der StA gestärkt und eine vorbeugende Kontrolle durch eine von der Polizei unabhängige Behörde sichergestellt werde. Für die Annahme einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch Verzögerung, in denen die Polizei befugt ist, die Maßnahme selbst anzuordnen, sollen die für die Annahme der Eilkompetenz in der Rechtsprechung bislang herausgearbeiteten Grundsätze herangezogen werden (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl. 2015, Rn 1170 ff. m.w.N.).

 

Hinweis:

Im Entwurf heißt es ausdrücklich: "Insbesondere sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, die Gefährdung des Untersuchungserfolges in Eilsituationen mit einzelfallbezogenen Tatsachen zu begründen und diese Tatsachen in den Ermittlungsakten zu dokumentieren, sofern die Dringlichkeit nicht evident ist". Das liest sich gut, nur: Dazu waren die Ermittlungsbehörden auch bislang aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. NJW 2010, 2864 = VRR 2010, 307 m. Anm. Burhoff) schon verpflichtet. Wenn man sich allerdings die Rechtsprechung ansieht, ist das – gelinde ausgedrückt – an doch recht vielen Stellen nicht umgesetzt worden. Ob das nach einer Gesetzesänderung anders wird, wage ich zu bezweifeln. Die Probleme werden m.E. nur auf eine andere Ebene verlagert.

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