Die Entscheidung verdient in Begründung und Ergebnis uneingeschränkte Zustimmung. Sie ist schon deshalb verdienstvoll, weil sie der Praxis einige immens wertvolle Leitlinien zum Anwendungsbereich des RDG im Allgemeinen und zu demjenigen des § 5 RDG im Besonderen an die Hand gibt. Zudem zieht sie für die rechtsberatende Tätigkeit von nicht hinreichend juristisch geschulten Marktteilnehmern die notwendigen Schranken. Ihnen wird es verwehrt, Rechtsdienstleistungen in Bereichen zu erbringen, die allenfalls einen sehr lockeren Bezug zu ihrer unternehmerischen Haupttätigkeit aufweisen.

Anwendungsbereich des RDG

Das RDG regelt gem. § 1 Abs. 1 S. 1 RDG die Befugnis, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Der Begriff der Rechtsdienstleistung wurde mit dem Erlass des RDG im Jahr 2008 neu eingeführt (vgl. Deckenbrock/Henssler, a.a.O., § 2 Rn 12) und wird in § 2 Abs. 1 RDG legal definiert. Welche Anforderungen an eine "rechtliche Prüfung des Einzelfalls" i.S.d. § 2 Abs. 1 RDG zu stellen sind, wurde durch die Rechtsprechung bisher offen gelassen (vgl. BGH GRUR 2011, 539; BSG NJW 2014, 493; BSG DStR 2014, 2030). In der Literatur ist die Auslegung des Begriffs umstritten. Eine Auffassung fordert eine besondere, intensive und substantielle Prüfung der Rechtslage, die einen über eine schlichte Rechtsanwendung hinausgehenden juristischen Subsumtionsvorgang zum Gegenstand hat (vgl. nur Werber VersR 2015, 1321, 1323). Nach der Gegenauffassung sind an das Ausmaß der rechtlichen Prüfung hingegen nur geringe Anforderungen zu stellen (vgl. Deckenbrock/Henssler, a.a.O., § 2 Rn 34 f.). Der BGH hat sich nunmehr zu Recht der letztgenannten Auffassung angeschlossen. Dies überzeugt nicht nur vor dem Hintergrund des sich aus den Gesetzesmaterialien eindeutig ergebenden Willens des Gesetzgebers. Allein die vom BGH vertretene Auffassung trägt auch der Regelungssystematik des RDG Rechnung. Der I. Zivilsenat erkennt, dass der Gesetzgeber mit der weiten Fassung des § 2 Abs. 1 RDG erreichen wollte, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit bereits dann in den gesetzlichen Schutzbereich fällt, wenn sie rechtsdienstleistende Bestandteile aufweist. Ein rechtlicher Kern oder Schwerpunkt ist nicht erforderlich, sofern nur – wie im zu entscheidenden Fall – eine juristische Subsumtion stattfindet und nicht nur allgemeine Rechtshinweise erteilt werden (vgl. bereits Deckenbrock/Henssler, a.a.O., § 5 Rn 3). Ziel dieser Ausweitung des Anwendungsbereichs gegenüber dem zuvor geltenden RBerG ist es, eine möglichst hohe Kontrolldichte zu erreichen. Nur so kann das RDG seine Funktion als Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. BT-Drucks 16/3655, S. 31, 37) effektiv entfalten. Erst auf der zweiten Stufe wird unter Heranziehung der weit auszulegenden Erlaubnistatbestände, namentlich § 5 RDG, eine im Vergleich zur vorherigen gesetzlichen Regelung großzügigere Zulässigkeit der außergerichtlichen Rechtsberatung durch Nichtanwälte erreicht. Eine einengende Auslegung des Begriffs der Rechtsdienstleistung schon auf der ersten Stufe würde diese Systematik konterkarieren.

Erlaubnistatbestand des § 5 RDG

Zu folgen ist auch den Ausführungen des BGH zur Anwendbarkeit des § 5 RDG auf die schadensbearbeitende Tätigkeit von Versicherungsmaklern. Die Reichweite der Rechtsdienstleistungskompetenz des Versicherungsmaklers hat – wie dies auch der BGH erkennt – bereits durch § 34d GewO eine nicht unerhebliche Vorprägung erfahren. So begründet schon § 34d Abs. 1 S. 4 GewO eine Befugnis des Versicherungsmaklers zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen (Henssler/Deckenbrock DB 2014, 2151, 2152). Sie umfasst allerdings nur die Beratung Dritter, die nicht Verbraucher sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt. Miterfasst ist die Beratung von Beschäftigten jener Unternehmen, die vom Versicherungsmakler betreut werden. Die im Schadensfall von einem Versicherungsmakler erbrachte Rechtsdienstleistung ist damit von § 34d Abs. 1 S. 4 GewO gerade nicht gedeckt (BT-Drucks 16/1935, S. 18; Henssler/Deckenbrock DB 2014, 2151, 2152). Der Beklagte konnte seine Tätigkeit für den Versicherer daher nicht unter Berufung auf seine in der GewO kodifizierten Hauptleistungspflichten rechtfertigen. Zwar schließt dies eine Anwendbarkeit des § 5 RDG nicht vollständig aus (vgl. Henssler/Deckenbrock DB 2014, 2151, 2153), der sehr detaillierten gesetzlichen Regelung kommt jedoch zwingend eine Indizwirkung hinsichtlich des vom Gesetzgeber definierten Berufsbildes zu.

Für den restriktiven Ansatz des BGH spricht, dass die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung die Entstehung eines gesetzlich nicht vorgesehenen Hybrides aus Versicherungsmakler und -vertreter befördert hätte. Der Versicherungsmakler wird aber in § 59 Abs. 2, 3 VVG deutlich vom Versicherungsvertreter unterschieden. Eine Mischform ist – wie auch der BGH erkennt – aus guten Gründen vom Gesetz nicht vorgesehen. Zwar ist es richtig, dass § 5 RDG der Entwicklung neuer Berufsbilder grund...

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