I. Allgemeines

Wegen der durch die Benutzung von Mobil-/Autotelefonen/Smartphones (im Folgenden kurz: Mobiltelefon) im Straßenverkehr sowohl für den Fahrzeugführer als auch für andere Verkehrsteilnehmer entstehenden Gefahren (vgl. dazu die Begründung zur 33. Änderungs-VO zur StVO v. 11.12.2000 in VBl 2001, 8) hat der Gesetzgeber im Jahr 2000 in § 23 Abs. 1a StVO die Benutzung eines Mobiltelefons im Straßenverkehr unter bestimmten Bedingungen verboten und mit einem Bußgeld belegt. Die Anwendung der Vorschrift war von Anfang an nicht einfach. Das ist/war vornehmlich darauf zurückzuführen, dass der VO-Geber nicht das Telefonieren generell, sondern die "Benutzung" eines Mobiltelefons verboten hat. Daher ist von Beginn an um den Begriff der "Benutzung" eines Mobiltelefons i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO gestritten worden (vgl. u.a. z.B. auch Hufnagel NJW 2006, 3665; Keerl NZV 2006, 181; Scheffler NZV 2006, 128; Ternig zfs 2007, 481; Burhoff VA 2006, 28; ders. PA 2007, 14; ders. VRR 2008, 14 und weitere Literaturhinweise bei Burhoff, in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. 2017, Rn 3030 [im Folgenden kurz: Burhoff/Burhoff, OWi]). Die fortschreitende technische Entwicklung, die weitere zahlreiche über das bloße Telefonieren hinausgehende Funktionen des Handys/Smartphones und Nutzungsmöglichkeiten gebracht hat, hat den Streit in Rechtsprechung und Literatur, was unter dem Begriff der Nutzung zu verstehen ist, noch forciert.

 

Hinweis:

Die Vorschrift ist nach Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung verfassungsgemäß ([inzidenter] BVerfG VRR 2008, 233; OLG Stuttgart NJW 2008, 3369 = DAR 2008, 654 = VRR 2008, 471 = NZV 2009, 95; a.A. AG Gummersbach VRR 2009, 353).

Im Hinblick auf die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Mobiltelefone ist seit Längerem geplant, die Vorschrift zu ändern bzw. auch die Bedienung anderer technischer Geräte während der Fahrt zu erfassen (vgl. hib-Meldung Nr. 100 v. 27.2.2013). Eine Änderung der Vorschrift ist jedoch auch in der 18. Legislaturperiode nicht erfolgt (vgl. aber unten II. 1., vgl. auch Müller/Rebler DAR 2017, 49). Zum Ende der Legislaturperiode hat sich noch ein Änderungsvorschlag des Bundesverkehrsministeriums in der Beratung befunden (vgl. BR-Drucks 424/17). In der Bundesratssitzung vom 7.7.2017 ist dieser jedoch nicht beraten, sondern von der Tagesordnung abgesetzt worden. Derzeit ist nicht absehbar, ob und wann eine Änderung des § 23 Abs. 1a StVO kommt (zu der mit der BR-Drucks 424/17 geplanten Änderung s. unten X.).

II. Regelungsinhalt des § 23 Abs. 1a StVO

1. Aufnehmen oder halten

§ 23 Abs. 1a S. 1 StVO verbietet (derzeit; vgl. X.) die Benutzung eines Mobiltelefons, wenn der Fahrzeugführer hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufgenommen hat oder halten muss. Die Regelung in § 23 Abs. 1a StVO ist durch die VO zur Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 6.3.2013 (BGBl I, S. 367) neu gefasst worden. Nach § 23 Abs. 1a S. 1 StVO in der bis zum 31.3.2013 geltenden Fassung war dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält. Diese – amtlich nicht begründete (BR-Drucks 428/12) und vermutlich der sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Rechtsvorschriften dienende (vgl. § 42 Abs. 5 S. 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien) – Fassungsänderung in § 23a Abs. 1a StVO führt im Ergebnis dazu, dass der Kreis der tauglichen Tatobjekte durch die Formulierung "gehalten werden muss" enger gezogen wird als bei der früheren Fassung. Das Verbot erfasst nicht mehr die Benutzung jeglicher Mobilfunkgeräte, die der Fahrer hält, sondern bezieht sich nur noch auf Geräte und Funktionen, die zur Benutzung gehalten werden müssen (OLG Stuttgart DAR 2016, 406 m. zust. Anm. Engelbrecht = zfs 2016, 471 = VRR 8/2016, 12 m. krit. Anm. Deutscher; vgl. auch Burhoff VA 2017, 16, 17; nicht ganz eindeutig: OLG Hamm zfs 2016, 711).

 

Hinweise:

Der Verteidiger muss dies bei der Frage, ob die zur früheren Fassung des § 23 Abs. 1a StVO ergangenen Entscheidungen der Obergerichte noch weiter Geltung haben, berücksichtigen.

Zudem ist bei allen "Benutzungen" bzw. Benutzungsmöglichkeiten eines Mobiltelefons zu hinterfragen, ob es zur Benutzung in der Hand gehalten werden muss (s. auch Engelbrecht a.a.O.; Burhoff a.a.O.). So ist z.B. das OLG Stuttgart (a.a.O.) bei einem Kfz-Führer, der während der Fahrt ein mit einer Freisprechanlage verbundenes Mobiltelefon in der Hand gehalten und über die Freisprechanlage telefoniert hat, nicht von einem Verstoß gem. § 23 Abs. 1a S. 1 StVO ausgegangen, solange er keine weiteren Funktionen des in der Hand gehaltenen Geräts genutzt hat (ähnl. OLG Hamm zfs 2016, 711).

2. Freisprechanlage

§ 23 Abs. 1a StVO verbietet nur die Benutzung eines Mobiltelefons, wenn der Fahrzeugführer hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnehmen oder halten muss (OLG Stuttgart DAR 2016, 406 = NStZ-RR 2016, 255 = zfs 2016, 471 = VRR 8/2016, 12). Die Benutzung einer Freisprechanlage wird von § 23...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge