1 Widerrufsbelehrung im Fließtext

Widerrufsbelehrungen können aus verschiedenen Gründen fehlerhaft sein. Sie können z.B. widersprüchliche Widerrufsfristen beinhalten, ferner können gesetzlich erforderlich Angaben (z.B. eine Telefonnummer) fehlen, i.Ü. können veraltete oder schlicht falsche Inhalte (Dienstleistungs-Widerrufsbelehrung anstelle einer Waren-Widerrufsbelehrung) verwendet werden. Wie ist jedoch zu entscheiden, wenn eine Widerrufsbelehrung inhaltlich korrekt, der Text der Widerrufsbelehrung jedoch nicht formatiert ist (ohne Absätze und im Fließtext)? Das LG Berlin (Beschl. v. 30.5.2016 – 97 O 67/16) hat die Verwendung einer Widerrufsbelehrung in Fließtext und ohne Überschriften untersagt. Ähnlich hatte zuvor das LG Ellwangen (Beschl. v. 7.4.2015 – 10 O 22/15) entschieden. Die Gerichte gehen davon aus, dass eine klare und verständliche Belehrung des Verbrauchers nicht vorhanden sei, wenn sich der Text der Widerrufsbelehrung im Fließtext befinde.

2 Widerrufsbelehrung unterhalb des Bestell-Buttons

Ein Wettbewerbsverband hatte einen Unternehmer abgemahnt, weil dieser die Widerrufsbelehrung unterhalb des Bestell-Buttons platziert hatte, allerdings nahe der Schaltfläche "Kaufen". Vor dem OLG Köln (Urt. v. 8.5.2015 – 6 U 137/14) hatte die Klage allerdings keinen Erfolg. Das Gericht entschied, es sei nicht zwingend, dass die Informationen zum Widerrufsrecht oberhalb des Bestellbuttons präsentiert werden. Ausreichend sei, dass der enge räumliche Zusammenhang zum Bestell-Button vorhanden ist (was im konkreten Falle so war), so dass der Kunde den Hinweis im Zuge des Bestellvorgangs problemlos auch unterhalb des Buttons erkennen könne.

3 Online-Vertrieb von Heizöl

Ob bei einer Bestellung von Heizöl unter Nutzung von Fernkommunikationsmitteln, z.B. Telefon, Telefax, E-Mail, ein Widerrufsrecht besteht, ist seit vielen Jahren in der Rechtsprechung umstritten. Das LG Duisburg hatte (s. Urt. v. 22.5.2007 – 6 O 408/06) entschieden, dass bei der Bestellung von Heizöl im Fernabsatz kein Widerrufsrecht bestehe. Der BGH hat geurteilt, dass bei Heizölbestellungen im Fernabsatz das Widerrufsrecht nicht grundsätzlich nach § 312g Abs. 2 Nr. 8 BGB ausgeschlossen ist (Urt. v. 17.6.2015 – VIII ZR 249/14). Nach dieser Norm besteht bei Verträgen zur Lieferung von Waren kein Widerrufsrecht, wenn der Preis der Ware von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängig ist, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Das vorgenannte LG Duisburg hatte bei Heizöl diesen Ausschlussgrund, der bis zum 12.6.2014 in § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB a.F. geregelt war, angenommen. Der BGH ist jedoch der Ansicht, dass diese Norm bei dem Ankauf von Heizöl durch Verbraucher nicht anwendbar sei. § 312g Abs. 2 Nr. 8 BGB n.F. erfasse Verträge, bei denen ein spekulativer Charakter Kernaspekt des Vertrags sei. Einen solchen spekulativen Charakter gebe es bei einem Ankauf von Heizöl durch Verbraucher zum Zwecke der Eigennutzung nicht. Ungeachtet dieses grundsätzlich bestehenden Widerrufsrechtes kann jedoch das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 2 Nr. 4 BGB n.F. vorzeitig erlöschen, sofern das gelieferte Heizöl nach der Lieferung untrennbar mit Restbeständen im vorhandenen Heizöltank vermischt wurde.

4 Widerrufsrecht bei individuellen Angeboten

Kreative, individuelle oder von Hand hergestellte Waren werden z.B. über Handelsplattformen wie Dawanda und Etsy, aber auch in diversen eigenen Shops, angeboten und vertrieben. Häufig entsteht dabei die Frage, ob den Verbrauchern auch für Produkte wie z.B. handgemachte Kunstartikel, selbst genähte Bekleidungsstücke, Eigenfertigungen von Schmuckstücken oder die nach eigenen Rezepten hergestellte Kosmetika ein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht. Das Gesetz schützt die individuellen oder künstlerischen Angebote nur unter engen Voraussetzungen. Nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB besteht ein Widerrufsrecht nicht für "Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind". Zur ersten vorgenannten Alternative: Eine vom Verbraucher, also vom Kunden als Besteller, vorab mitgeteilte individuelle Auswahl oder Bestimmung der Gestaltung o.Ä. wird bei den Angeboten in Webshops häufig nicht vorliegen. Ob es sich beim Einsatz von Auswahlmenüs um eine solche vorab mitgeteilte individuelle Auswahl handelt, ist fraglich. Das AG Siegburg (Urt. v. 25.9.2014 – 115 C 10/14) hatte einen Ausschluss des Widerrufsrechts bei Bestellung eines Möbelstücks angenommen, bei dem der Kunde unter 50 Stoff-Varianten wählen konnte und eine bestimmte Armlehnenposition gewünscht hatte. A.A. – kein Ausschluss des Widerrufsrechts – war das AG Dortmund (Urt. v. 28.4.2015 – 425 C 1013/15) bei einem Sofort-Kaufen-Angebot für eine Couch, die nach Auswahl-Menü mit 17 verschiedenen Farben und 578 verschiedenen Kombinationen geliefert werden konnte (zur gegenteiligen Ansicht bei sehr ähnlichem Sachverhalt: LG Düsseldorf, Urt. v. 12.2.2014 – 23 S 111/13). Wo die Grenze genau zu ziehen ist, stel...

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