I. Einleitung

Immer wenn ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen wurde, kann dies nur durch eine Kündigung beendet werden. Ist dagegen das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit abgeschlossen worden (dazu Blank ZMR 2002, 797; Derleder NZM 2001, 649; Gather NZM 2001, 57; ders. GE 2001, 748), so endet das Mietverhältnis grds. durch Zeitablauf. Der Kündigungsschutz ist Teil des sog. sozialen Mietrechts. Es will den Mieter in zwei Bereichen schützen, nämlich hinsichtlich des Bestandes des Mietverhältnisses und hinsichtlich der Miethöhe. Dieser Schutz ist hinsichtlich des Bestands wiederum zweistufig vom Gesetzgeber geregelt (ausführlich Sternel NZM 2018, 473). Zunächst kann der Vermieter das Mietverhältnis nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Bei der Prüfung dieses berechtigten Interesses werden Mieterinteressen nicht berücksichtigt. Liegt ein zur Kündigung berechtigendes Interesse des Vermieters an einer ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses vor, kann der Mieter sich in einer zweiten Stufe auf seine persönlichen Härtegründe oder fehlenden Ersatzwohnraum berufen. Die Mieterinteressen sind dann gegenüber den berechtigten Vermieterinteressen, die zur Kündigung berechtigten, abzuwägen. Es soll grds. der vertragstreue Mieter vor willkürlichen Kündigungen geschützt werden, da die Wohnung auch nach der Rechtsprechung des BVerfG eine überragende Bedeutung als Lebensmittelpunkt des menschlichen Daseins hat. Somit muss bei einer ordentlichen Kündigung wie folgt geprüft werden:

  1. Ist die Kündigung überhaupt zulässig?
  2. Unterfällt die Wohnung dem Kündigungsschutz und ist sie danach kündbar?

II. Kündigungsausschluss

Unabhängig von der Frage, ob ein Kündigungsgrund besteht, ist zunächst immer die Frage zu untersuchen, ob im konkreten Einzelfall die ordentliche Kündigung nicht aufgrund besonderer gesetzlicher Regelungen oder aufgrund vertraglicher Abreden (dazu Börstinghaus ZAP F. 4, S. 1867, 1871) ausgeschlossen ist. Ein gesetzlicher Kündigungsausschluss besteht:

  • bei befristeten Mietverhältnissen;
  • gem. § 573 Abs. 1 BGB, wenn die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung erfolgt;
  • wenn die Kündigung ausnahmsweise gegen das Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB oder gegen die guten Sitten gem. § 138 BGB verstößt.

Dies ist z.B. der Fall, wenn die Kündigung als Druckmittel eingesetzt werden soll, z.B. um den Mieter von der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts wegen Mängeln abzuhalten (AG Wesel WuM 1991, 348).

Ein vertraglicher Kündigungsausschluss liegt vor, wenn der Vermieter für eine bestimmte Zeit auf sein Kündigungsrecht ganz oder hinsichtlich bestimmter Kündigungsgründe (z.B. Eigenbedarf) verzichtet hat. Ein solcher Verzicht gilt, wenn er nicht höchstpersönlich war, auch für einen Rechtsnachfolger, also insbesondere einen gem. § 566 BGB in den Mietvertrag eintretenden Erwerber (OLG Karlsruhe WuM 1985, 77; AG Viechtach WuM 1991, 690). Solche Vereinbarungen können auch im Rahmen einer sog. Sozialcharta beim Verkauf von Wohnungsbeständen als Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 BGB getroffen werden (BGH NZM 2019, 209). Auf Vermieterseite bestehen gegen die Wirksamkeit eines Kündigungsausschlusses generell keine Bedenken. Die Kündigung wird nicht allein durch eine Staffelmietvereinbarung gem. § 557a BGB ausgeschlossen.

 

Hinweis:

Der Verzicht das Wohnraummietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, bedarf wie der gesamte Mietvertrag gem. § 550 S. 1 BGB der Schriftform, wenn der Verzicht für mehr als ein Jahr gelten soll (BGH NZM 2007, 399). Bereits der Ausschluss lediglich bestimmter Kündigungsgründe, etwa wegen Eigenbedarfs, reichen aus, um die Formbedürftigkeit gem. § 550 BGB zu begründen (LG Berlin MietRB 2020, 132; WuM 1991, 498; LG Hamburg ZMR 2001, 895; Sonnenschein NZM 2000, 1, 8 f. m.w.N.). § 550 BGB verfolgt vor allem den Zweck, es dem Grundstückserwerber, der in einen bestehenden Mietvertrag eintritt, zu erleichtern, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten (BGHZ 136, 357, 370; BGHZ 52, 25, 28). Dies gilt auch im Fall des Kündigungsverzichts wegen Eigenbedarfs. Ohne Einhaltung der Schriftform würde dem Erwerber anhand des Mietvertrags die Beschränkung des Kündigungsrechts nicht zur Kenntnis gelangen, obwohl gerade der Erwerber von Wohnraum nicht selten ein gesteigertes Interesse an dem Kündigungsrecht haben wird. Für den Erwerber ist nicht nur ein genereller Kündigungsausschluss von entscheidender Bedeutung, sondern auch eine wesentliche Kündigungsbeschränkung, die auf Dauer gilt. Betroffen ist im Übrigen auch die Warnfunktion für den Vermieter, der sich durch die Schriftform der Bedeutung des Verzichts bewusst werden soll.

III. Kündigungen durch den Vermieter

Zum Streit kommen i.d.R. Kündigungen durch den Vermieter. Hier ist neben den formalen Voraussetzungen einer Kündigung (dazu Börstinghaus ZAP F. 4, S. 1943) zu untersuchen, ob dem Vermieter ein Kündigungsgrund zusteht. Dabei ist danach zu differenzieren, ob für den Wohnraum Kündigungsschutzvorschriften gelten oder nicht.

1. Wohnraum ohne Kündigungsschutz

Für bestim...

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