Der Fünfte Senat des BAG (Urt. v. 11.12.2019 – 5 AZR 505/18, ZAT 2020, 42 mit Anm. Gundel) hat zu einer praktisch häufig auftretenden Konstellation entschieden. Ein Arbeitnehmer ist langandauernd arbeitsunfähig erkrankt. An eine Erst- oder Folgebescheinigung schließt sich eine erneute Erstbescheinigung an. Der Sechs-Wochenzeitraum der Entgeltfortzahlung ist erschöpft oder erschöpft sich während der Dauer der sich anschließenden erneuten Erstbescheinigung oder entsprechender Folgebescheinigungen. Es stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist, insb. wer die Beweislast zu tragen hat.

Der Arbeitgeber ist für den Zeitraum von sechs Wochen zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Ausgangspunkt ist die Rechtsprechung zum sog. einheitlichen Verhinderungsfall (seit: BAG, Urt. v. 12.9.1967 – 1 AZR 367/66, BAGE 20, 90; Urt. v. 2.12.1981 – 5 AZR 89/80, BAGE 37, 172; Urt. v. 2.2.1994 – 5 AZR 345/93, BAGE 75, 340; Urt. v. 13.7.2005 – 5 AZR 389/04, BAGE 115, 206; aus dem Schrifttum: Erfurter Kommentar-Reinhard, 19. Aufl., § 3 EFZG Rn 37 f.; Henssler/Willemsen/Kalb-Schliemann/Vogelsang, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl., § 3 EFZG Rn 93; Schaub/Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 98 Rn 54; Schmitt, EFZG, 7. Aufl., § 3 Rn 285 – jeweils m.w.N.).

Ein solcher liegt vor bei:

Weiter ist davon auszugehen, dass ein Verhinderungsfall nach der Rechtsprechung des BAG dann endet, wenn der Arzt dies entscheidet:

Zur Beweislast gilt:

  • Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG (BAG, Urt. v. 13.7.2005 – 5 AZR 389/04, BAGE 115, 206), dies für die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit als solcher und für deren Beginn und Ende. Dazu legt der Arbeitnehmer die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes vor.
  • Bei der Fortsetzungserkrankung regelt § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG zugunsten des Arbeitgebers eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Zwar muss der Arbeitnehmer, der innerhalb der Zeiträume des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EFZG länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist, darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorliegt und – bei Bestreiten des Arbeitgebers der Neuerkrankung – den Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Doch muss der Arbeitgeber nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EFZG die Folgen der Nichterweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung tragen.
  • Meldet sich der Arbeitnehmer in unmittelbarem Anschluss an den ausgeschöpften Sechs-WochenZeitraum des § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG erneut mit einer Erstbescheinigung arbeitsunfähig krank und bestreitet der Arbeitgeber unter Berufung auf den Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls, dass Arbeitsunfähigkeit infolge der "neuen" Krankheit erst jetzt eingetreten sei, hat der Arbeitnehmer als anspruchsbegründende Tatsache darzulegen und zu beweisen, die neue Arbeitsunfähigkeit sei erst zu einem Zeitpunkt eingetreten, zu dem die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits beendet war.

Zu der letzten Fallgestaltung hat der Fünfte Senat nun entschieden, dass im Wege der abgestuften Darlegungs- und Beweislast der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arbeitnehmers dann erschüttert ist, wenn hinreichend gewichtige Indizien vorliegen. Ein hinreichend gewichtiges Indiz entnimmt der Fünfte Senat im Regelfall der Tatsache, dass sich an einen ersten Verhinderungsfall in engem zeitlichen Zusammenhang ei...

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