Das Tatbestandsmerkmal "benötigt" setzt begrifflich voraus, dass der Vermieter die ernsthafte Absicht hat, die Räume selbst als Wohnung zu nutzen oder diese einem Hausstands- oder Familienangehörigen zu überlassen (BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 313/08, WuM 2010, 165). Ausreichend hierfür ist es, wenn er hierfür vernünftige und nachvollziehbare Gründe hat (BGH, Urt. v. 20.1.1988 – VIII ARZ 4/87, NJW 1988, 904). Der Vermieter hat grds. allein darüber zu bestimmen, welchen Wohnbedarf er für sich und den begünstigten Personenkreis geltend machen will und inwiefern er diesen als angemessen erachtet. Weder der Mieter noch die Instanzengerichte sind berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters oder seiner Angehörigen zu setzen (BGH, Urt. v. 4.3.2015 – VIII ZR 166/14, NJW 2015, 1590).

Sofern die Wohnung einem Angehörigen überlassen werden soll, ist nicht der Nutzungswille des Angehörigen, sondern der Überlassungswille des Vermieters maßgebend (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, § 573 BGB Rn 61). Am "Benötigen" fehlt es jedoch auch dann, wenn der Angehörige die Wohnung nicht für sich nutzen will oder kann, etwa weil er sich überwiegend an anderen Orten aufhält (BVerfG, Kammerbeschl. v. 30.6.1993 – 2 BvR 459/93, WuM 1993, 381).

 

Praxistipp:

Für den in der Praxis häufigsten Fall der Eigenbedarfskündigung für einen nahen Angehörigen ist daher auf Vermieterseite zu beachten, dass sowohl der tatsächliche Überlassungswille des Vermieters als auch der ernsthafte Nutzungswille des Angehörigen substanziiert vorzutragen und nach deren Bestreiten durch die Mieterseite unter Beweis zu stellen ist.

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