Das BAG hatte über die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden (Beschl. v. 15.8.2018 – 2 AZN 269/18, NJW 2018, 2978 m. Anm. Müller): Dem Kläger war das klageabweisende Berufungsurteil am 29.3.2018 zugestellt worden. Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift wurde am 9.4.2018 und die Beschwerdebegründung am 28.5.2018 jeweils als elektronisches Dokument über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) an das BAG übermittelt. In beiden Fällen bezog sich die nach § 130a Abs. 1 S. 2 ZPO erforderliche qualifizierte elektronische Signatur (qeS) nicht auf die elektronische PDF selbst, sondern auf mehrere gleichzeitig übermittelte Dokumente, den "Nachrichtencontainer" (sog. Container-Signatur). Das BAG sah die Beschwerde als unzulässig an, sie sei bereits nicht innerhalb der in § 72a Abs. 2 S. 1 ArbGG bestimmten Frist eingegangen, jedenfalls sei sie nicht entsprechend den Anforderungen in § 72a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ArbGG begründet worden.

Vorbereitende Schriftsätze, Anträge etc. – so auch die Erhebung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde – können gem. § 72 Abs. 5 ArbGG i.V.m. §§ 551 Abs. 1 S. 1, 130a Abs. 1 ZPO in der ab 1.1.2018 geltenden Fassung nach Maßgabe der Abs. 2–6 als elektronisches Dokument – durch Übermittlung an das EGVP – bei Gericht eingereicht werden.

 

Hinweise:

1. Dieser Regelung entsprechende Vorschriften finden sich auch in den übrigen gerichtlichen Verfahrensordnungen: § 65a SGG, § 14a FamFG, § 32a StPO, § 55a VwGO und § 52a FGG.
2.

Das BAG erläutert drei Fallgestaltungen:

a) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein, wobei die Bundesregierung durch Rechtsverordnung die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmt, § 130a Abs. 2 ZPO. Diese sind in der zum 1.1.2018 in Kraft getretenen Elektronischen-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) vom 27.11.2017 (BGBl I 2017, S. 3803) in der Fassung vom 9.2.2018 (BGBl I 2018, S. 200) geregelt. Die technischen Anforderungen, die hierbei zu beachten sind, ergeben sich aus der Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu § 5 ERVV vom 19.12.2017.
b) Ein elektronisches Dokument, das mit einer qeS der verantwortenden Person versehen ist, darf lediglich auf einem sicheren Übermittlungsweg oder an das EGVP übermittelt werden, § 4 Abs. 1 ERVV. Mehrere elektronische Dokumente dürfen hingegen nicht mit einer gemeinsamen qeS (sog. Container-Signatur) versandt werden, § 4 Abs. 2 ERVV. Diese Einschränkung will verhindern, dass nach der Trennung eines elektronischen Dokuments vom Nachrichtencontainer die Containersignatur nicht mehr überprüft werden kann (zu weiteren Details s. Mardorf JM 2018, 140). Die Verordnungsbegründung spricht nach Auffassung des BAG dafür, dass nach Vorstellung des Verordnungsgeber die Container-Signatur ab dem 1.1.2018 für die Übermittlung von Schriftsätzen generell nicht mehr verwandt werden kann (s. auch nunmehr BSG, Beschl. v. 20.3.2019 – B 1 KR 7/18 B).
c) Dies selbst dann nicht, wenn sich diese Signatur nur auf elektronische Dokumente bezieht, die sämtlich ein Verfahren betreffen und bei nicht elektronisch geführten Akten mit dem Ergebnis der Signaturprüfung auf Papier ausgedruckt würden.
3.

Das BAG unterscheidet: Bei bloßen "Formatfehlern" statuiert § 130a Abs. 6 S. 1 ZPO eine Hinweispflicht, bei Formfehlern – wie vorliegend – greift – so das BAG – § 130a Abs. 6 S. 1 ZPO nicht ein: Es besteht keine Hinweispflicht des Gerichts. Im Einzelnen:

Das BAG prüft, ob dem Kläger wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 5 ArbGG i.V.m. §§ 233, 555 Abs. 1 ZPO gewähren werden kann. Dies ist in drei Fällen möglich:

(1) Im Allgemeinen, wenn der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist zur Einlegung (oder Begründung) einzuhalten.

(2) Unabhängig von einem Verschulden, wenn die Wiedereinsetzung wegen Verletzung der prozessualen Fürsorgepflicht des Gerichts geboten ist.

(3) Wenn zwar ein Verschulden vorliegt, dieses aber für die Fristversäumnis nicht ursächlich oder nicht zurechenbar ist, weil die Frist bei pflichtgemäßem Verhalten einer anderen Stelle gewahrt worden wäre. Das Gericht lässt offen, ob es seine prozessuale Fürsorgepflicht dadurch verletzt hat, dass ein gebotener, rechtzeitiger Hinweis auf die nicht den gesetzlichen Anforderungen genügende Signatur unterblieben ist. Eine prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts besteht immer dann, wenn es darum geht, eine Partei oder ihren Bevollmächtigten nach Möglichkeit vor den fristbezogenen Folgen eines bereits begangenen Fehlers zu bewahren. Das BSG hat durch Beschl. v. 9.5.2018 (B 12 KR 26/18 B, NJW 2018, 2222 m. Anm. Plum und ZAP F. 18 S. 1619 f.) bei einem ähnlich gelagerten Sachverhalt eine Verletzung gerichtlicher Hinweispflicht bejaht und Wiedereinsetzung nach § 67 Abs. 1 SGG gewährt.

Das BAG traf keine Entscheidung. Die Beschwerde bliebe auch dann ohne Erfolg, wenn dem Kläger wegen Versäumung der Bes...

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