Die Beratung eines Arbeitnehmers, der aufgrund psychischer Belastung in eine gesundheitsgefährdende oder bereits gesundheitsbeeinträchtigende Überlastungssituation geraten ist, bedarf im ersten Schritt der Feststellung, in welcher persönlichen Ablaufphase des Geschehens sich der Arbeitnehmer befindet.

Auch für den Betroffenen selbst ist es hilfreich, diese Ablaufphasen voneinander in der Beratung abzugrenzen. Der Betroffene ist entlastet, wenn er sich nicht mit allen Fragen auf einmal zu beschäftigen hat, den Anwalt jedoch als Berater jederzeit im Hintergrund weiß. Daher sollten drei Ablaufphasen unterschieden werden:

  • Ablaufphase 1: Der Arbeitnehmer ist noch arbeitsfähig und im Unternehmen an seinem Arbeitsplatz tätig. Er beabsichtigt gegen die Überlastungssituationen (z.B. Arbeitsmenge, unpassende Arbeitsaufgaben, gefährdende räumliche Arbeitsumstände, auch Mobbing oder Bossing) vorzugehen.
  • Ablaufphase 2: Aufgrund langandauernder psychischer Belastung in Form von Überlastungssituationen, ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt. Grund ist die psychische Erschöpfung zusammen mit verschiedenen körperlichen Beschwerden.
  • Ablaufphase 3: Nach längerer Krankheitsdauer steht eine Änderung an. Der Betroffene muss entscheiden, ob er in das Arbeitsverhältnis zurück oder einen anderen Weg gehen möchte, wie den Arbeitsplatzwechsel oder den Weg in die Erwerbslosenrente. Anlass für diese Fragen sind meist die anstehende Aussteuerung durch die Krankenkasse nach 18 Monaten Krankengeldbezug oder der Vorschlag des Arztes zur Wiedereingliederung in den Betrieb sowie der eigene Wunsch des Betroffenen nach Veränderung der Situation.

Jede dieser drei Phasen ist mit anderen rechtlichen Fragestellungen verknüpft, die zwar ineinander greifen, doch in der Bearbeitung und hinsichtlich der Ansprechpartner eigene rechtliche Angelegenheiten sind. Dies ist auch hinsichtlich der späteren Abrechnungsfragen von Bedeutung. Angelegenheiten der Ablaufphase 1 können z.B. Fragen der Abhilfe oder auch bereits des Schadenersatzes sein. In der Ablaufphase 2 wird der Betroffene Fragen zur finanziellen Absicherung, seiner Verpflichtung zur Teilnahme an Maßnahmen, die die Krankenversicherung anordnet oder zur Bewertung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) haben. Ebenfalls spielt hier das vom Arbeitgeber einzuleitende BEM-Verfahren (Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement) eine wichtige Rolle. Schließlich wird der Betroffene in der Ablaufphase 3 in erster Linie Fragen betreffend der Sicherung seines Lebensunterhalts haben, falls eine Rückkehr in das Arbeitsverhältnis einzelfallbedingt nicht in Betracht kommt. Die betrifft z.B. Fragen zum Arbeitslosengeld, der Eigenkündigung oder der Erzielung einer Abfindung.

 

Hinweis:

Es ist daher unbedingt zu vermeiden, die Beratung des betroffenen Arbeitnehmers insgesamt als eine Angelegenheit der Beratung anlässlich der psychischen Belastung am Arbeitsplatz zu führen und zu bearbeiten.

Autor: Rechtsanwältin Ulrike Wewers, Bonn

ZAP F. 17, S. 641–650

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