Zusammenfassung

Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts ist im März 2021 vom Bundestag (vgl. BT-Drucks 19/24445 vom 5.3.2021) und Bundesrat („Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts”, BR-Drucks 199/21 vom 26.3.2021) beschlossen worden und wird nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten zum 1.1.2023 in Kraft treten. Dies bietet Anlass, bereits jetzt einen kurzen Überblick über die Änderungen zu geben.

I. Betroffene als Subjekte

Das Leitbild des neuen Rechts stellt die Befähigung zum selbstbestimmten Handeln dar. Zentrales Grundanliegen ist es, Selbstbestimmung und Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer Betreuung zu stärken. Daher stellt jetzt das Vormundschaftsrecht den Mündel mit seinem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht in den Mittelpunkt. Die Erziehungsverantwortung des Vormunds, das Verhältnis von Vormund und Pflegeperson, die i.d.R. den Mündel im Alltag erzieht, werden ausdrücklich geregelt. Diese Stärkung der Subjektstellung des Mündels wird im Gesetz verwirklicht, indem in § 1788 BGB ein Katalog von Mündelrechten vorangestellt wird, der das Recht des Mündels auf Förderung seiner Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit vorsieht, das Recht auf Pflege und Erziehung unter Ausschluss von Gewalt, körperlichen Bestrafungen, seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Maßnahmen gewährleistet, ein Recht auf persönlichen Kontakt mit dem Vormund sichert und die Achtung seines Willens, seiner persönlichen Bindungen, seines religiösen Bekenntnisses und kulturellen Hintergrundes und die Beteiligung an ihn betreffenden Angelegenheiten gebietet, soweit es nach seinem Entwicklungsstand angezeigt ist. Spiegelbildlich hierzu regelt das Gesetz in § 1790 BGB die zur Verwirklichung der Mündelrechte zu erfüllenden Pflichten des Vormunds bei der Amtsführung, etwa die Unabhängigkeit und Fremdnützigkeit einer Tätigkeit, die Beteiligung des Mündels an Entscheidungen der Sorge und die Pflicht zur Pflege des persönlichen Kontakts mit dem Mündel, der i.d.R. einmal im Monat in der üblichen Umgebung des Mündels stattfinden soll. Ziel ist es, eine konsequent am Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen orientierte Praxis zu gestalten und Betroffene in der Ausübung ihrer rechtlichen Handlungsfähigkeit zu unterstützen. Zudem werden die Rechte der Pflegeperson gestärkt. Den Vorschriften zur Führung der Vormundschaft wird ein Katalog von Mündelrechten vorangestellt, der das Recht des Mündels auf Förderung seiner Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit enthält. Dazu gehört u.a. auch das Recht des Mündels auf Achtung seines Willens und Beteiligung an ihn betreffenden Angelegenheiten.

II. Neuordnung der Vormundschaftstypen

Ein zentrales Anliegen der Reform beinhaltet die Neuordnung der verschiedenen Vormundschaftstypen und deren Verhältnis zueinander bei gleichzeitiger Stärkung der ehrenamtlichen Einzelvormundschaft. Ehrenamtliche Betreuer erhalten durch die Reform mehr Informationen und Kenntnisse – auch durch enge Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein. Wenn sie keine familiären Beziehungen oder persönlichen Bindungen zum Betreuten haben, sollen sie mit einem solchen Verein eine Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung abschließen. Maßgebliche Auswahlkriterien sind nach § 1778 BGB der Wille des Mündels, seine familiären Beziehungen, seine persönlichen Bindungen, sein religiöses Bekenntnis und sein kultureller Hintergrund, der wirkliche oder mutmaßliche Wille der Eltern und die Lebensumstände des Mündels. Soweit eine natürliche Person als Vormund in Frage kommt, richtet sich die Beurteilung ihrer Eignung nach § 1779 Abs. 1 BGB nach ihren Kenntnissen und Erfahrungen, ihren persönlichen Eigenschaften, ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen.

III. Aufsicht des Familiengerichts

§ 1802 BGB enthält jetzt eine eigenständige Fassung der Beratungs-, Unterstützungs- und Aufsichtspflicht des Familiengerichts gegenüber dem Vormund. Vor der Bestellung einer Person zum Vormund hat das Familiengericht nunmehr zwingend – auch bei Berufsvormündern – eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister (§ 41 BZRG) einzuholen und dies spätestens alle zwei Jahre zu wiederholen (§ 168 Abs. 2 FamFG).

IV. Auskunftspflicht des Vormunds

Die Regelung des § 1790 Abs. 4 BGB, wonach der Vormund verpflichtet ist, nahestehenden Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Mündels auf deren Verlangen und bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Mündels zu erteilen, soweit dem nicht Gründe des Wohls des Mündels entgegenstehen, verleiht den genannten Angehörigen und Vertrauenspersonen auch einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Vormund. Sie ist an § 1686 BGB orientiert und setzt die diesbezügliche Rechtsprechung des BGH (Beschlüsse v. 14.12.2016 – XII ZB 345/16, Rn 18 ff.; v. 26.7.2017 – XII ZB 85/17, Rn 7) um, wonach in an...

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