Eine lückenhafte Vollmacht kann sich auch unter dem Umstand ergeben, dass man nicht alle eigenen Lebensumstände berücksichtigt und geregelt hat. Gibt es z.B. bestimmte Krankheiten, auf die gesondert eingegangen werden muss? Gibt es spezielle Lebenssituationen oder Vermögenslagen? Das Urteil des BGH vom 1.4.2015 zeigt die Konsequenzen einer lückenhaft erstellten Vorsorgevollmacht auf:

 

Beispiel:

Ehemann E. erteilt seiner Frau F. Generalvollmacht. Dazu verwendet er ein Formular aus dem Internet. Der Punkt "Verbindlichkeiten eingehen" wird weder positiv noch negativ beantwortet, also weder mit Ja noch mit Nein angekreuzt, der Punkt "Vertretung vor Gericht" mit Nein. E. wird geschäftsunfähig. Das zuständige Amtsgericht leitet trotz bestehender Generalvollmacht eine Betreuung ein. Aus dem "Ankreuzverhalten" des E. zieht das Gericht den Schluss, dass die Vollmacht insgesamt nicht wirksam ausgefertigt worden ist. Dagegen führt F. Beschwerde. Das Amtsgericht beschränkt daraufhin das Betreuungsverfahren auf die beiden unklar beantworteten und sich gegenseitig widersprechenden Bereiche.

Der BGH "kassierte" diese Entscheidung und betont, eine Betreuung dürfe nur für die Aufgabenkreise gestellt werden, für die die Bestellung auch notwendig geworden sei. Soweit ein konkreter Bedarf nicht bestehe, dürfe auch keine Betreuung eingeleitet werden. Hier war weder eine Vertretung vor Gericht notwendig, noch sollten Verbindlichkeiten eingegangen werden. Für alle anderen Fälle der Vermögenssorge sei F. wirksam bevollmächtigt worden. Erst der BGH in letzter Instanz repariert damit einen eigentlich "krankenden" Sachverhalt, der seine Ursache im Inhalt der erteilten Vollmacht findet (BGH, Urt. v. 1.4.2015 – XII ZB 29/15, ZEV 2015, 536).

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