I. Vorbemerkung

Das Jahr 2016 gilt im Allgemeinen als der Startzeitpunkt für Legal Tech in Deutschland. Aktuell gibt es hierzulande bereits über 100 Legal Tech-Firmen, und die Anzahl der Neugründungen nimmt immer weiter zu. Als wichtigster Legal Tech-Verband ist seit 2016 die ELTA (European Legal Tech Association – legal-tech-association.eu) in Europa mit ihrem Hauptsitz in Berlin aktiv. ELTA definiert sich selbst dabei als eine Plattform zur Förderung des Wissens und der Anwendung technologiegestützter Lösungen im Rechtsmarkt und deren Einsatz in Unternehmen, Kanzleien und Start-Ups. In diesem Jahr findet zudem mit der LEGAL ®EVOLUTION die erste deutsche Legal Tech-Messe vom 23. bis 24.10.2017 in Frankfurt statt ( www.legaltechexpo.de ).

II. Begriffserläuterung

Was genau ist unter dem Begriff Legal Tech zu verstehen? Der Begriff ist eine Kombination der englischen Wörter „legal“ und „technology“. Hierbei geht es um die Nutzung von Technologie im Bereich des Rechts. Im engeren Sinne ist meistens der Einsatz von Software gemeint, also etwa Programme, die Rechtsdienstleistungen online anbieten, Gerichtsurteile auswerten, Rechtsfragen standardisieren, juristische Prozesse vereinfachen oder sogar die Arbeit eines Rechtsanwalts durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz, Big Data und Machine Learning komplett ersetzen wollen. Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten deutschen Legal Tech-Unternehmen 2016/2017:

Eine der bekanntesten Legal Tech-Bereiche bilden Internetfirmen, die Rechtsanwälte vermitteln und Rechtsdienstleistungen zu Festpreisen in Paketform für ihre Kunden anbieten. Hier sind die Unternehmen Legalbase, Advocado, Jurato und anwalt.de führend. Auf diesen Webseiten kann man – zu vorher vereinbarten Entgelten – z.B. eine Marke anmelden, ein Testament aufsetzen, eine Firma online anmelden oder einen Arbeitsvertrag überprüfen lassen. Bisher haben sich die angebotenen Services zu Festpreisen zwar noch nicht in allen Rechtsgebieten am breiten Markt durchgesetzt, wenn man aber einen Blick in die USA wirft und hierzulande eine ähnliche Entwicklung zugrunde legt, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch in Deutschland Klienten in größerer Anzahl eine Kündigung ihres Arbeitsvertrags oder eine Rechtsfrage aus dem Familienrecht von ihrem Smartphone aus online in Auftrag geben werden.

Einen anderen Ansatz bildet die Firma FAQ-Recht. Hierbei handelt es sich um ein rechtliches Informationsportal, das Nicht-Juristen in einer auch für juristische Laien gut verständlichen Sprache zu bestimmten Themen Auskunft gibt. Geboten werden Standardfall-Lösungen, Zusammenfassungen von ausgesuchten Gerichtsurteilen ähnlicher Präzedenzfälle, kommentierte Gesetzestexte, Definitionen von Rechtsbegriffen und spezielle Info-Texte, wie z.B. Bußgeldkataloge oder Schmerzensgeldtabellen. Mit diesen Informationen hat der FAQ-Recht-Besucher eine hervorragende Möglichkeit, sich selbst eine erste Meinung zu seinem Rechtsproblem zu bilden. Sollte es darüber hinaus weiteren Bedarf an der Lösung des rechtlichen Problems für den Besucher geben, stellt FAQ-Recht zu jedem Rechtsgebiet ausgesuchte Fachanwälte zur Verfügung, die eine kostenlose Ersteinschätzung anbieten.

Bereits schon länger erfolgreich am Markt etabliert sind Firmen, die sich jeweils nur der Lösung eines einzelnen, konkreten Rechtsproblems widmen. Hier gibt es bereits eine große Anzahl von spezialisierten Legal Tech-Unternehmen, die ihre Dienstleistungen gegen Provision oder teilweise sogar für den Kunden kostenlos anbieten. Eine ganze Reihe von Firmen hat sich z.B. dem Thema der Flugausfallentschädigung oder der Entschädigung für Flugverspätungen angenommen, z.B. EUflight, flightright, FairPlane, AirHelp, WirkaufendeinenFlug, Flug-Erstattung.de und compensation2go.com. Im Bereich der Erstattungen für verspätete oder ausgefallene Züge haben sich die Unternehmen Zug-Erstattung.de und Bahn-Buddy einen Namen gemacht. Bei Verkehrsunfällen oder Bußgeldbescheiden für zu schnelles Fahren kann man den Service der Firmen Unfallhelden oder geblitzt.de in Anspruch nehmen. Die Firma rightmart bietet kostenlose Überprüfungen von Hartz-IV-Bescheiden, an alle Mieter richten sich die Firmen MINEKO und wenigermiete.de. Bei MINEKO kann man seine Mietnebenkosten-Abrechnung kontrollieren lassen, und wenigermiete.de bietet Mietern Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Rechte, wenn sie eine zu hohe Miete zahlen. Bei der Kündigung von Verträgen oder Abofallen helfen die Webseiten Aboalarm, volders und kuendigung.org.

Die Legal Tech-Firmen smartlaw, agreement24, FORMblitz und janolaw haben sich auf die automatisierte Erstellung von Verträgen für Privatkunden und Unternehmen spezialisiert. Einige dieser Firmen bieten vorgefertigte Verträge, andere lassen eine teilweise sehr komplexe und individuelle Anpassung der Dokumente zu.

Eine andere Gruppe von Legal Tech-Firmen erstellt Software für Rechtsanwälte. Dies sind entweder Programme zur intelligenten Vertragsdurchsuchung, Strukturierung und Auslesung von großen Datenmengen (hier sind die Fir...

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